14 Feb.

Millionengrab Seniorenwohnheime

UPDATE 16.02.15:
Hier unser Ergänzungsantrag zu den Verlusten der Seniorenwohnheime:
Ergänzungsantrag zu 20142244

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35 Seniorenwohnheime gibt es in Bochum und Wattenscheid, davon machen 4 jedes Jahr Millionenverluste. Das sind die 4 städtischen Heime. In den vergangenen 8 Jahren wurden auf diese Weise von der Stadt mehr als 30 Mio. Euro nutzlos verschwendet.

rollator-521891_1920Gleichzeitig sind die städtischen Seniorenwohnheime nicht besser als die, die durch karitative oder private Einrichtungen getragen werden, dafür aber deutlich teurer. So kostet die Pflege im schicken Katharina-von Bora-Haus am Stadtpark bei Pflegestufe III inkl. Investitionskosten knapp 3.872 Euro pro Monat, im maroden städtischen Glockengarten 4.180 Euro. Das sind 320 Euro pro Monat mehr für den Senioren, der im städtischen Heim wohnt. Dabei zahlt der Bewohner nicht einmal die ganzen Kosten, denn jeden städtischen Heimplatz subventioniert die Stadt zusätzlich nochmal im Durchschnitt mit 540 Euro. So bezahlen die Steuerzahler der Stadt zu einem nicht unwesentlichen Teil die Plätze in den städtischen Seniorenwohnheimen mit.

Während die privaten Heime Gewinne machen oder mindestens keine Verluste, ist die Stadt dazu nicht in der Lage. Warum? Die Stadt bekommt die Kosten nicht in den Griff. Die Heizkosten im Seniorenwohnheim am Glockengarten liegen bei unglaublichen 400.000 Euro pro Jahr für nur 240 Bewohner. Für das Heim Grabelohstraße zahlt die Stadt an den privaten Investor, der es erbaut hat, fast 1,4 Mio. Euro Miete pro Jahr, kann aber nur Erträge von unter 1 Mio. erwirtschaften. Auch liegen die Personalkosten deutlich über denen der von karitativen oder privaten Einrichtungen betriebenen Heimen. Im Ergebnis wird in den städtischen Heimen die gleiche Leistung erbracht wie in den privaten, es kostet Bewohner und Steuerzahler allerdings etwa 18% mehr.

Warum muss unter diesen Rahmenbedingungen die Stadt Seniorenwohnheime betreiben, wenn karitative Einrichtungen oder private Unternehmen sie kostengünstiger und mindestens auf dem gleichen Standard für die Bewohner betreiben können? Würde die Stadt die Heime nicht betreiben, fänden sich karitative oder private Einrichtungen, die Ersatz für die städtischen Plätze bauen oder mindestens einen Teil der städtischen Heimplätze übernehmen würden. Es gibt keinen Grund warum Bochum städtische Seniorenwohnheime betreibt. Die Senioren leben dort weder besser noch kostengünstiger.

Im Gegenteil, der Betrieb ist unsozial. Die Bewohner zahlen überteuerte Preise. Entweder kommen sie dafür mit Ihrer Rente oder ihrem privaten Vermögen auf oder die Stadt zahlt über die Transferleistungen, die die Bewohner bekommen, deren Einkommen nicht zur Begleichung der Kosten ausreicht, die überhöhten Heimkosten. Dazu kommen jedes Jahr erhebliche Millionenverlustbeträge (2012: 5,4 Mio, 2013: 3,8 Mio.), die die Stadt – statt sie in wirklich wichtige städtische Aufgaben zu stecken – ohne Gegenleistung in den Seniorenwohnheimen versickern lässt.

Der Kämmerer hat insbesondere 3 Gründe angegeben, warum die Stadt 2014 die Haushaltssperre erlassen musste: die sinkenden Gewerbesteuereinnahmen, die ausufernden Personalkosten in der Stadtverwaltung und die Verluste bei den Seniorenwohnheimen. Die massive wirtschaftliche Schieflage bei den städtischen Seniorenwohnheimen verursacht also weit reichende Folgen für die ganze Stadt.

Seit 2007 versucht die Stadt, der Verluste bei den Seniorenwohnheimen Herr zu werden. Doch statt die Bereitstellung von Seniorenwohnheimen denen zu überlassen, die das können ohne Verluste zu machen, hat man eine gemeinnützige GmbH gegründet, die jetzt die Wertverluste in ihren Büchern verbucht, statt in denen der Stadt. So schönt man zwar die städtische Bilanz, senkt aber nicht die tatsächlichen Verluste.

Wesentlicher Grund für die Schuldenmisere ist auch bei den Seniorenwohnheimen die Untätigkeit von Verwaltung und Politik, man geht die eigentlichen Probleme einfach nicht an, betreibt nur Kosmetik. So geht die Verlustemacherei ungehemmt weiter. So werden zu den über 30 Mio. Schulden aus den Verlusten in den letzten 8 Jahren in den nächsten 8 Jahren wohl weitere 30 Mio. kommen.

Zudem befindet sich die Stadt in einem Dilemma. Die Heime erfüllen die Anforderungen des Wohn- und Teilhabegesetzes nicht. Sie dürfen nur noch betrieben werden, weil sie von einer Übergangsregelung Gebrauch machen. Doch auch damit ist 2018 Schluss. Somit stehen umfangreiche Sanierungs- und Umbauarbeiten an. Die Heime am Beisenkamp und am Glockengarten sollen teilweise abgerissen und neu gebaut werden. Das sollte für den fast vollständigen Abriss und Neubau der bestehenden Heimplätzeallein beim Glockengarten ursprünglich 17,1 Mio. kosten. Dann wurde erwogen, statt dessen nur 6,8 Mio. für die Schaffung von lediglich 80 neuen Plätze neben 80 weiteren verbleibenden (im Altbau) zu investieren. Jetzt hat man noch einmal deutlich abgespeckt, damit die Kosten 5 Mio. nicht überschreiten. Damit zeigt dieses Bauprojekt dreierlei: der Stadt fehlt das Geld für neue Investitionen, es fehlt der Bedarf an den jetzt angebotenen Heimplätzen (Auslastungseinbruch Glockengarten -3,1%, Grabelohstraße -4,2%) und aufgrund der klammen Haushaltslage wird man nur einen Neubau errichten, der kaum mehr als die absoluten Mindeststandards erfüllen kann. Für die Realisierung von innovativen und zukunftsweisenden Seniorenwohnkonzepten fehlt das Geld.

Ehe die Stadt für neue Millionen praktisch den wesentlichen Teil der Heimplätze neu errichtet, sollte sie die Notbremse ziehen und das Vorhaben städtische Seniorenwohnheime zu betreiben endlich beenden. Das städtische Geld, das erforderlich ist, um die Verluste auszugleichen, kann anderswo (z.B. Schulsanierung) besser eingesetzt werden. Zu überlegen ist, ob man die kleinen, noch relativ rentablen Heime (Bayernstraße und Gustav-Adolf-Straße, je 84 Plätze) zunächst für einen Übergangszeitraum behält, und die großen unrentablen Heime Glockengarten (240 Plätze) und Grabelohstraße (180 Plätze) auslaufen lässt und auf einen Neubau am Beisenkamp verzichtet.

Entsprechend beantragen die STADTGESTALTER in der nächsten Ratssitzung, dass die Verwaltung ein Ausstiegskonzept erarbeitet, das Möglichkeiten aufzeigt, wie die Stadt möglichst schnell und kostengünstig aus dem Betrieb der städtischen Seniorenwohnheime aussteigen kann. Es ist unverantwortlich, dass für den nicht zu rechtfertigenden städtischen Betrieb von Seniorenwohnheimen in den nächsten 8 Jahren weitere 30 Mio. Euro Schulden angehäuft werden, die dann von unseren Kindern und Enkeln noch zusätzlich abgezahlt werden sollen. Wer solches Handeln unterstützt, handelt unsozial. Unsere Generation hat nicht das Recht auf Kosten der nachfolgenden Generationen zu leben.

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