Upgrade für die Grundschulen
Wie können wir zukünftig erreichen, dass weniger Menschen von Transferleistungen abhängig sind und stattdessen von ihrer eigenen Arbeit leben können? Wie können wir die Menschen, die aus fremden Kulturen zu uns kommen, besser in unserer Stadt integrieren? Wie schaffen wir es, Menschen mit Behinderungen vollwertig in unsere vielschichtige Stadtgesellschaft einzubinden?
Die Antwort auf alle drei Fragen ist die gleiche: Wir müssen die richtigen Weichen bereits in den Schulen stellen, um langfristig alle drei Entwicklungen positiv gestalten zu können. Optimale Lernbedingungen an den städtischen Schulen, sind die entscheidende Voraussetzung für erfolgreiche individuelle Förderung, Integration und Inklusion.
Doch von optimalen Lernbedingungen sind wir in Bochum leider noch viel zu weit entfernt. Immer noch verlassen viel zu viele Schüler die Schulen ganz ohne oder mit einem heutzutage wertlosen Schulabschluss, gelingt die Integration nur unzureichend und steckt die Inklusion noch in den Kinderschuhen.
Ziele bei der Entwicklung der Grundschulen
Schon lange ist der Politik klar, dass die Bochumer Schullandschaft in ihrer heutigen Form den Herausforderungen nicht gerecht werden kann und dringend eines substanziellen Upgrades bedarf. Beginnen muss dieser Prozess bei den Grundschulen:
Hinsichtlich der Grundschulen gilt es kurz- bis mittelfristig folgende Ziele zu erreichen:
-> Alle Grundschulen sollten sich in einem baulich einwandfreien Zustand befinden und zeitgemäß ausgestattet sein.
-> Das Lehrer-Schüler-Verhältnis von 1:22 (ohne Sonderzuweisungen) sollte deutlich verbessert werden.
-> Statt Unterricht vormittags, Betreuung nachmittags, sollten sich Unterrichts- und Betreuungsphasen über den ganzen Tag rhythmisiert abwechseln.
-> Jedes Kind soll so individuell gefördert werden, dass es mindestens mit einer Realsschulempfehlung zu einer weiterführenden Schule wechseln kann.
-> Kindern sollte es möglich sein, die Grundschule in einer ihrem Lerntempo entsprechenden Zeit zu durchlaufen. Kinder mit besonderem Förderbedarf in bis zu 6 Jahren, besonders begabte Kinder in 3 Jahren.
-> Den besonderen Anforderungen von Inklusion und Integration ist besonders Rechnung zu tragen.
-> Lehrer und Eltern sollen das Schulprogramm gemeinsam entwickeln und an der Schulentwicklungsplanung maßgeblich beteiligt werden.
-> Insbesondere die Schulverwaltung sowie die Betreuung und Unterhaltung der Schulanlagen sollte weniger bürokratisch und kostengünstiger organisiert werden.
-> Die Schulentwicklungsplanung soll nicht nur alle 5 Jahre, sondern kontinuierlich an sich verändernde Gegebenheiten angepasst werden.
-> Bochum kann sich durch hohe Ansprüche an seine Grundschulen als Bildungsstadt besonders profilieren.
Die bisherige städtische Schulentwicklungsplanung hilft hierbei nicht weiter. Sie dauert zu lange, ist zu unflexibel, ist ungeeignet ein Upgrade der Schulen zu befördern. Nach dem aufgrund der Zuwanderung der Schulentwicklungsplan seit 2014 nur noch Makulatur ist, hat es die Schulverwaltung bis heute nicht geschafft, einen angepassten Plan vorzulegen, der die veränderten Gegebenheiten auch nur ansatzweise berücksichtigt. Das wirft die Frage auf, wofür die Verwaltung überhaupt benötigt wird.
Auch beschränkt sich die Schulentwicklungsplanung darauf, relativ willkürlich festzulegen, welche Schule wie viele Klassenzüge haben darf und wie viele Eingangsklassen eingerichtet werden dürfen. Diese Statistikrechnereien sind nicht geeignet, einen substanziellen Beitrag zur Lösung der wirklichen Probleme an den Grundschulen zu leisten.
Bochumer Grundschulstandards
Bisher gibt es in Bochum keinen Grundschulstandard, in dem festgeschrieben ist, wie die Bochumer Grundschulen personell und matriell ausgestattet werden sollen, in welchem baulichen Zustand sie sich befinden und wie sie in 10 Jahren organisiert sein sollen.
Bislang fehlte es an dem politischen Willen einen solchen Standard fest zu legen und die notwendigen Anstrengungen zu unternehmen diesen zu erreichen, stattdessen sind viele Grundschulen seit Jahrzehnten mit permanenter Mangelverwaltung beschäftigt.
Die STADTGESTALTER legen nun ein Konzept zur Einführung von „Bochumer Grundschulstandards“ vor (Gesamtpräsentation). Ausgangspunkt des Konzeptes ist, dass Bochum sich als Stadt der Bildung versteht (Ableitung der Bochumer Grundschulstandards). Nach Vorstellung der STADTGESTALTER sollte die Stadt an sich den Anspruch stellen, dass die Grundschulen erhöhte stadtspezifische (Qualitäts-)Standards erfüllen. Die Bochumer Grundschulen sollten personell und matriell besser ausgestattet, sich in einen besserem baulichen Zustand befinden und effektiver organisiert sein als Schulen anderer Städte, die nur die Standards des Landes NRW erfüllen. Die selbstbewusste Aussage der Bochumer Bildungsstadt sollte sein: „Wir sind Bochum, unser Anspruch ist höher.“
56 neue Lehrer in baulich sanierten und zeitgemäß ausgestatteten Grundschulen
Der Plan der STADTGESTALTER sieht die Schaffung von 56 neuen städtischen Lehrerstellen an den Grundschulen von Bochum und Wattenscheid vor. Das würde die Stadt zukünftig voraussichtlich 3-3,5 Mio. Euro im Jahr kosten. Doch diese Kosten ließen sich durch eine Reorganisation der Schulverwaltung und des Grundschulwesens refinanzieren. Dort sind aktuell immer noch 300 Mitarbeiter (226 Stellen) für die Betreuung von nur noch 85 Schulen (2011: 103) beschäftigt.
Dazu werden jeweils 3 bis 4 Grundschulen mit insgesamt 36 Klassen zu einer Grundschulgruppe organisatorisch zusammengefasst (Grundschulstruktur bisher, Grundschulstruktur neu). Jede Grundschulgruppe erhält von der Stadt vier zusätzliche Lehrer, so dass bezogen auf die gesamte Stadt rechnerisch statt 22 (NRW), in Bochum nur 20 Schüler auf einen Lehrer kommen (ohne Sonderzuweisungen).
Jeder Grundschulgruppe wird ein Schulmanager, dazu ein Hausmeister sowie eine Hilfskraft zugeordnet. Dieses Schulmanagementteam hilft den Schulen ihren Schulalltag zu organisieren, unterstützt die Schulleiter, veranlasst die zur Unterhaltung der Schulgebäude sowie die hinsichtlich des Objektmanagements erforderlichen Maßnahmen bzw. führt diese selbst durch. Die zu einer Gruppe zusamengefassten Grundschulen bleiben hinsichtlich der Durchführung ihrer schulischen Aufgaben selbstständig. Die Kompetenzen der Schulleitungen und der Schulkonferenzen der einzelnen Schulen bleiben unangetastet.
Wo dies möglich ist, werden Aufgaben der Schulverwaltung, insbesondere hinsichtlich der Betreuung der schulischen Anlagen und des Beschaffungswesens an das Schulmanagement übertragen. Schulträgeraufgaben, die im Zusammenschluss mit anderen Ruhrgebietsstädten effizienter erfüllt werden können, werden an eine neu einzurichtende interkommunale Institution abgegeben. Die Schulentwicklungsplanung wird zukünftig kontinuierlich sich verändernden Gegebenheiten angepasst.
Auf diese Weise kann die überbürokratisierte Schulverwaltung verschlankt werden und werden Ressourcen für die neu zu schaffenden Lehrerstellen frei.
Roadmap zur Umsetzung der Bochumer Grundschulstandards
Die STADTGESTALTER schlagen vor, die Bochumer Grundschulstandards zunächst bei einer Grundschulgruppe umzusetzen, um so Erfahrungen zu gewinnen, auf Basis derer die Standards optimiert werden können. Danach sollen die Standards bis 2027 an allen Grundschulen umgesetzt worden sein (Roadmap).
Überdies soll der Rat der Stadt Bochum die Erreichung der Bochumer Grundschulstandards als Schlüsselprojekt zur weiteren Entwicklung der Stadt definieren. Damit legt er fest, dass alle baulichen Maßnahmen an Grundschulen bis zur vollständigen Umsetzung der Standards im städtischen Haushalt mit höchster Priorität behandelt werden sollen.
Der Vorschlag der STADTGESTALTER zeigt einen Weg auf 56 neue städtische Lehrerstellen an den Grundschulen von Bochum und Wattenscheid zu schaffen. Dazu sieht er mit der Einführung der Bochumer Grundschulstandards eine Verpflichtung der Bochumer Politik vor in 10 Jahren sämtliche Grundschulen baulich zu sanieren und zeitgemäß auszustatteten. Gegebenenfalls gibt es alternative Wege, wie dies erreicht werden kann. Alle anderen politischen Gruppierungen sind aufgefordert soclhe zu entwickeln und vor zu legen. Am Ende ist nicht entscheidend wie, sondern nur, dass die Bochumer Grundschulstandards erreicht werden.
Egal, ob die Stadt zukünftig diesen oder einen anderen Vorschlag verfolgt, um den Grundschulen das dringliche erforderliche Upgrade zu verpassen, wir entscheiden jetzt darüber, ob Integration, Inklusion und individuelle Förderung zukünftig gelingen werden. Wir bestimmen jetzt über die Zukunft vieler Kinder, die in den nächsten Jahren unsere Schulen besuchen werden. Wir tragen die Verantwortung, wenn Kindern Chancen verwehrt bleiben, weil unsere Schulen nicht das notwendige leisten können.
Wenn wir nicht endlich die notwendigen Weichen stellen, was wir eigentlich hätten schon vor Jahren tun müssen, wird der Zeitpunkt kommen, an dem wir die sozialen Folgen wie die Folgekosten dieser Versäumnisse nicht mehr gut machen können.
Die Schulen in Bochum und Wattenscheid müssen, beginnend mit den Grundschulen, grundlegend zukunftsfähig aufgestellt werden. Pressewirksame Kurzfristprojekte und Parteitage mit schönen Reden sind nicht ansatzweise geeignet in der Sache das erforderliche zu bewirken. Auch hier gilt, heiße Luft kann aufrichtiges Handeln nicht ersetzen.