03 Aug

Wahlprüfsteine – Stadt für Alle

Das Netzwerk „Stadt für Alle“ hat uns folgende Fragen gestellt:

1. Das Netzwerk Stadt für Alle tritt dafür ein, dass das große städtische Gelände zwischen dem Rathaus und dem Appolonia-Pfaus-Park (aktueller Standort von BVZ, Turnhalle, Musikschule, Gesundheitsamt) nicht privatisiert wird, sondern als Gemeingut in städtischem Eigentum erhalten bleibt.

Werden Sie sich dafür einsetzen, dass es zu keiner Privatisierung derstädtischen Grundstückeam Appolonia-Pfaus-Park kommt?

Ja und Nein – Diese Frage lässt sich nicht generell mit Ja oder Nein beantworten. Die Beantwortung hängt von der zukünftigen Nutzung ab. Sofern eine Wohn- oder Büronutzung von Teilen der Fläche nur bei einem Verkauf möglich ist, sollte die Stadt die entsprechenden Flächen verkaufen. Sollte dies z.B. auch im Rahmen von Erbbaurecht möglich sein, sollte diese Möglichkeit bevorzugt werden.

Im Falle eines Verkaufs sollte nach Ansicht der STADTGESTALTER der Verkaufserlös in einen Flächenfond fließen, aus dem die Stadt dann an anderer Stelle im Stadtgebiet andere Entwicklungsflächen oder Immobilien hinzukaufen kann. Diese zweckgebundene Verwendung des Verkaufserlös sollte verbindlich sein. Öffentlich genutzte Flächen sollten grundsätzlich im Eigentum der Stadt bleiben.

Die STADTGESTALTER hatten vorgeschlagen, unter Nutzung des Altbestandes, soweit sinnvoll und möglich sowie bei Erhalt und Ausweitung der Grünflächen, die fehlenden Büroräume für die Stadtverwaltung auf der Fläche zu schaffen, statt dafür teure Büroflächen im neuen Einkaufszentrum am Husemannplatz anzumieten.

2. Das Netzwerk Stadt für Alletritt dafür ein, dass die Musikschule und das Gesundheitsamt als Gebäude erhalten bleiben.Ein Abriss wäre ökologisch und wirtschaftlich unsinnig. Die Gebäude können für eine gemischte Nutzung umgebaut werden: So könnte z.B. das Gebäude-Ensemble aus Musikschule und Gesundheitsamt zu einem Campus für soziales Wohnen, Kleingewerbe, Kultur und öffentliche Einrichtungen umgebaut werden –mit einem Gemeinschaftsgarten mitten im Zentrum der Stadt.

Werden Sie sich für den Erhalt und für die Umnutzung der Gebäude Musikschule und Gesundheitsamt einsetzen?

Ja – Wenn sich eine sinnvolle und wirtschaftlich tragbare Möglichkeit findet sollen beide Gebäude ganz oder teilweise zu erhalten, dann setzen sich die STADTGESTALTER dafür ein. Es müssen alle möglichen wirtschaftlich tragbaren Lösungen betrachtet werden. Es sollte dann die Lösung ausgewählt, die ökologisch sinnvoll ist und von der möglichst viele Menschen der Stadt profitieren und von der die Innenstadt als soziales Zentrum unserer Stadt den größten Nutzen hat.

3.Das Netzwerk Stadt für Alle fordert, dass das Gelände am Appolonia-Pfaus-Park auch zukünftig gemeinwohlorientiert und nicht renditeorientiert genutzt wird. Für möglichst günstige Mieten sollte dort Wohnungsbau ohne Profitinteresse entstehen. Die Stadt kann entweder selbst gemeinnützig (um)bauen, oder Grundstücke nach dem Erbbaurecht an gemeinwohlorientierte Träger vergeben, z.B. an Genossenschaften oder Wohnungsbauvereine.

Werden Sie sich für eine solche gemeinwohlorientierte Bewirtschaftung des Geländes am Appolonia-Pfaus-Park einsetzen?

Ja – Soll auf der Fläche Wohnungsbau entstehen, so sollte dieser für alle Bevölkerungsschichten Platz zum Wohnen bieten (Stadt für alle). Mischung und Vielfalt machen eine Stadt aus. Wohnflächen sollen nicht an einen einzigen Träger oder Investor abgegeben werden. Eine gemeinwohlorientierte Bewirtschaftung eines Teils des Geländes ist dabei erstrebenswert. Andere Formen müssen aber ebenfalls möglich sein. Realisiert werden soll nach Meinung der STADTGESTALTER ein Plan der ein möglichst lebendiges, vielfältiges und buntes Wohnquartier vorsieht.

4. Die Stadt Bochum und ihre Tochterunternehmen sind mit fast 80 Prozent die größten Anteilseigner der Wohnungsbaugesellschaft VBW. Das Netzwerk Stadt für Alle fordert, die bestehende Gestaltungsmehrheit in allen VBW-Gremien dazu zu nutzen, das mehrheitlich kommunale Unternehmen auf gemeinwohlorientierte Ziele zu verpflichten: Aufgabe der VBW soll nicht sein, möglichst hohe Rendite zu erwirtschaften, sondern möglichst günstige Mietwohnungen zur Verfügung zu stellen und eine weitreichende Mieter*innenmitbestimmung zu ermöglichen.

Wollen Sie die kommende Wahlperiode dazu nutzen, die VBW zu einem gemeinwohlorientierten Unternehmen umzubauen?

Nein – Die VBW arbeitet bereits gemeinwohlorientiert. Fast 80% der Anteile der VBW liegen in der Hand von städischen Unternehmen, rund 1% bei gemeinwohlorientierten Wohnung.

Es ist nicht Aufgabe der VBW und darf es auch nicht sein, möglichst hohe Renditen zu erwirtschaften. Gleichzeitig muss sie aber auch wirtschaftlich arbeiten und in die Qualität des Wohnraums muss beständig investiert werden. Es ist erforderlich, dass die VBW auch Gewinne erwirtschaftet, die in den Neubau von Wohnungen investiert wird, die zukünftigen Mietern zu Gute kommen.

Rein städtische Wohnungsbaugesellschaft bieten zwar regelmäßig günstigen Wohnraum an, dies geschieht aber häufig auf Kosten des baulichen Zustands der Vermietungsobjekte. Mangels ausreichender Mieteinnahmen fehlt dann Geld für die Instandhaltung und Modernisierung bestehnder sowie den Bau neuer Wohnungen.

5. Das Netzwerk Stadt für Alle kritisiert insbesondere, dass die aktuelle Ratsmehrheit die VBW dazu verpflichtet hat, Rendite von zuletzt 3 Millionen Euro pro Jahr an die Anteilseigner auszuschütten. Alleine durch den Verzicht auf diese Rendite könnte die Miete jeder frei finanzierten VBW-Wohnung durchschnittlich umrund 400 Euro pro Jahr niedriger ausfallen. So könnte der Rat einen deutlichen Beitrag zur Stabilisierung oder gar Senkung des Mietpreisniveaus in Bochum leisten.

Wollen Sie in der kommenden Wahlperiode dafür sorgen, dass der Rat der Stadt Bochum nicht noch einmal von der VBW die Abführung von Millionenrenditen an den städtischen Haushalt verlangt?

Ja – Die STADTGESTALTER setzen sich dafür ein, dass der Anteil der Rendite (fast 80%), der an die Stadt bzw. die an der VBW beteiligten städtischen Unternehmen fließt, wieder im städtischen Wohnungsbau zweckgebunden investiert wird, dieser könnte z.B. in den Flächenfond fließen (siehe Frage 1).

Die privaten Anteilseigner stellen sicher, dass die VBW wirtschaftlich betrieben wird. Dafür ist zwar eine Rendite zu zahlen (knapp 20% der Gesamtrendite), würde die VBW hingegen als rein städtisches Unternehmen geführt, entstünden Kosten infolge Ineffizienz, die bei Unternehmenn, die kein wirtschaftliches Ziel verfolgen, in der Regel weit höher zu veranschlagen sind als die Ausgaben für die Rendite.

*Zur Erläuterung, die Renditen fließt heute nicht an den städtsichen Haushalt, sondern an die öffentlichen (fast 80%), privaten (fast 20%) und gemeinnützigen (unter 1%) Anteilsunternehmen. Daher lässt sich die Frage eigentlich so wie gestellt nicht beantworten.

6. Das Netzwerk Stadt für Alle setzt sich für einen Privatisierungs-Stopp in Bezug auf kommunalen Grund und Boden ein. Statt weitere städtische Grundstücke zu verkaufen, sollen sie nach dem Erbbaurecht mit vertraglich vereinbarten langfristigen Mietpreisbindungen vergeben werden.

Wollen Sie in der kommenden Wahlperiode einen solchen Grundsatzbeschluss im Rat erwirken

Ja und Nein – Das Erbbaurecht ist eine Lösung damit Grundstücke im städtischen Eigentum verbleiben und die Stadt damit auch in Zukunft aktive Wohnungsbaupolitik betreiben kann. Generell keine Flächen mehr zu verkaufen halten die STADTGESTALTER jedoch nicht für sinnvoll.

Allerdings sollte im Falle eines Verkauf der Verkaufserlös in einen Flächenfond fließen, aus dem die Stadt dann an anderer Stelle im Stadtgebiet andere Entwicklungsflächen oder Immobilien hinzukaufen kann. Diese zweckgebundene Verwendung des Verkaufserlös sollte verbindlich sein. In diesem Sinne würden die STADTGESTALTER einem entsprechendem Grundsatzbeschluss zustimmen.

7. Das Netzwerk Stadt für Alle hat die mangelhaften Mitbestimmungsmöglichkeiten der Bochumer Bevölkerung bei der Aufstellung des Integrierten Stadtentwicklungskonzepts (ISEK)Innenstadt kritisiert. Hintergrund ist, dass sogar das Bundesinnenministerium in seiner ISEK-Arbeitshilfe für Kommunen klargestellt hat: „Der Grad der Mitbestimmung kann von der gemeinsamen Entwicklung von Vorschlägen bis hin zu weitreichenden Entscheidungsrechten der Betroffenen reichen.“ Die Stadt Bochum ermöglichte nur das Minimum: Die Beteiligungsformate beschränkten sich im Wesentlichen darauf, Vorschläge einzureichen.

Werden Sie sich dafür einsetzen, dass die Stadt Bochum zukünftig Modelle der tatsächlichen Mitbestimmungan Planungs-und Enscheidungsprozessen institutionell verankert, wie sie bereits in anderen Kommunen erfolgreich erprobt worden sind?

Ja – Die Bürgerbeteiligung und Mitbestimmung der Bürger sollte auf ein neues Niveau gehoben werden. Dazu haben die STADTGESTALTER viele Vorschläge gemachthttps://die-stadtgestalter.de/2020/07/26/die-buergerbeteiligung-in-bochum-auf-ein-neues-niveau-heben/

Unter anderem setzen sich die STADTGESTALTER für ein Bürgerbgleitgremium bei wichtigen Vorhaben der Stadt ein und für eine Beteiligungsplattform die vermehrte Beteiligung und Mitbestimmung der Bürger ermöglicht, u.a. die Mitsprache bei Vorhaben, einen Bürgerhaushalt und Bürgervorschläge.

8. Das Netzwerk Stadt für Alle fordert für die Umgestaltung der Innenstadt einen offenen partizipativen Aushandlungsprozess, der über die üblichen Formate wie Bürgeranhörungen weit hinausgeht. Konkret fordert das Netzwerk, dass dem geplanten Qualifizierungsverfahren und der Rahmenplanung „Am Appolonia-Pfaus-Park und Umfeld Rathaus“ ein Mitbestimmungsprozess vorangestellt wird, in dem die von der Planung betroffenen Anwohner*innen und interessierte Nutzer*innen der Innenstadt gemeinsam ein Anforderungs- und Bedürfnisprofil für die zukünftige Nutzung des Geländes entwickeln. Dieser Prozess sollte schnellstmöglich beginnen, um eine breite öffentliche Debatte der Stadtgesellschaft über die Planungsziele zu ermöglichen. So kann ein Beteiligungsprozess organisiert werden, der modellhaft für die demokratische Einbeziehung der Stadtgesellschaft in Planungsprozesse sein kann.

Werden Sie sich dafür einsetzen, dass ein solcher öffentlicher Mitbestimmungsprozess zur Festlegung der Planungsziele für das Gelände zeitnahauf den Weg gebracht wird?

Ja – Die STADTGESTALTER teilen die dargestellte Ansicht, dass ein öffentlicher Mitbestimmungsprozess zur Festlegung der Planungsziele für das Gelände unverzüglich auf den Weg gebracht werden sollte und setzen sich dafür ein

9. Das Netzwerk Stadt für Alle tritt dafür ein, dass der Appolonia-Pfaus-Park nicht verkleinert wird. Statt Teilflächen zu bebauen, wie es in der Planzeichnung des„städtebaulichen Gesamtkonzepts (Ratsbeschluss vom 16.11.2017) vorgesehen ist,sollte der Park belebt und für zusätzliche soziale und kulturelle Nutzungen geöffnet werden.

Wollen Sie dafür Sorge tragen, dass es zu keiner Verkleinerung des Parks kommt?

fJa – Die STADTGESTALTER setzen sich dafür ein, dass der Park als einzige größere Parkfläche im Zentrum der Stadt deutlich erweitert und belebt wird. Dabei sollen auch zusätzliche Möglichkeiten und Flächen für soziale und kulturelle Nutzungen geschaffen werden.

10. Das Netzwerk Stadt für Allehat vorgeschlagen, den Bochumer Innenstadtring umzubauen: Autoverkehr soll zukünftig nur noch einspurig stattfinden, und der gewonnene Platz soll für sichere Radwege genutzt werden.

Unterstützen Sie den Vorschlag?

Ja – Die STADTGESTALTER unterstüten diesen Vorschlag. Bereits 2014 haben wir erstmals angereg, dass der Innenstadtring von Autos nur noch nur in einer Fahrtrichtung befahren wird und eine Radweg erhält: https://die-stadtgestalter.de/placemarks/innenstadtring-mit-nur-einer-fahrtrichtung-und-radweg/

Mit diesem Vorschlag würden am Innenstadtring auch weitere Flächen zum Flanieren und der Begünung entstehen.

11.Nach wie vor leben in Bochum vieleGeflüchtete in Sammelunterkünften. Dabei ist dieeigene Wohnung neben der sozialen, kulturellen und politischen Partizipation ein Grundbedürfnis für ein menschenwürdiges Leben. In Zeiten von Corona können notwendige Abstands-und Hygieneregeln in Sammelunterkünftenkaum eingehalten werden. Das Netzwerk Stadt für Allefordertdie Stadt Bochum auf, allenGeflüchteten, ein Leben in Wohnungen statt in engen Containern und anderen Massenunterkünften zu ermöglichen.

Werden Sie sich für die regelhafte Unterbringung von Geflüchteten in Wohnungen statt in Sammelunterkünften einsetzen?

Ja – Sofern nicht absehbar ist, dass nur eine kurzfristige Unterbringung in Bochum erfolgt und entsprechende Wohnräume verfügbar gemacht werden können, setzen sich die STADTGESTALTER dafür ein, dass die Menschen in eigenen Wohnungen untergebracht werden

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