07 Apr

Warum Bochum für englischsprachige Arbeitskräfte nicht die erste Wahl ist

Auch in Bochum werden Arbeitskräfte aus dem Ausland mit hohen Qualifikationen gesucht. Doch wer nach Bochum kommt und nur Englisch spricht, hat es schwer. Zwar bietet das Bürgerbüro jetzt englischsprachige Kundenbedienung an. Doch sonst kommt man in den meisten Lebenslagen nur mit Deutsch weiter. Wer nur Englisch spricht, wird andere Großstädte als Lebensort vorziehen.

Immer wird in Bochum und dem Ruhrgebiet beklagt, zu vielen Zuwanderern fehle es an den nötigen schulischen und beruflichen Qualifikationen, man spricht auch von Armutszuwanderung oder –migration. Kommen in andere Großstädte auch sehr viele qualifizierte Menschen, ist das im Ruhrgebiet seltener der Fall. (Ruhrgebiet – Arbeitslosigkeit, Armut und Tristesse). Warum ist das so? Warum sind Bochum und das Ruhrgebiet für hoch qualifizierte Zuwanderer eher unattraktiv?

Englisch ist die Sprache hochqualifizierter Auswanderer

Um die gestellten Fragen zu beantworten, lohnt es sich anzusehen, aus welchen Ländern die gewünschten Migranten kommen. Zu den weltweit größten Auswandererländer, die Menschen verlassen, um in anderen Länder wirtschaftlich erfolgreich zu sein, zählen Indien, China, Bangladesch, Pakistan und die Philippinen (15 größten Auswanderungsländer weltweit). Bis auf China ist in allen aufgezählten Ländern Englisch eine der Amtssprachen. Wer aus diesen Ländern auswandern will, spricht also in der Regel nicht Deutsch, dafür aber Englisch. Auf der anderen Seite suchen Einwanderer mit hohen Qualifikationen neben Deutschland, besonders Länder wie USA, Kanada, Australien oder Großbritannien, also Länder, in denen Englisch als Amtssprache gesprochen wird.

Eine neue Sprache zu lernen – dazu noch Deutsch – ist schwer und sehr zeitaufwendig. Also ist nicht zu erwarten, dass potenzielle Einwanderer, vor Ihrer Einwanderung mehrjährige Deutschkurse besuchen. Zumal in den Unternehmen, in denen sie in Deutschland arbeiten würden, heutzutage ohnehin durchgehend neben Deutsch auch Englisch gesprochen wird, für die Arbeit die deutsche Sprache also nicht benötigt wird.

Der typische hoch qualifizierte Auswanderer, z.B. ein indischer IT-Experte oder die chinesische Ingenieurin, sprechen also gutes Englisch, allerdings kein Deutsch und könnten alternativ auch in ein angloamerikanisches Land auswandern. Entscheidet sich der oder die Auswanderin für Deutschland, dann kommt nur eine Stadt in Frage, in der man auch mit Englisch gut im Leben weiterkommt.

Das gleiche gilt auch für ausländische Unternehmen wie StartUps, die sich in Deutschland niederlassen und Arbeitskräfte aus der Heimat nach hier mitnehmen wollen. Auch die werden nur in eine deutsche Stadt ziehen, in der man mit Englisch im Alltag gut klarkommt. Doch gerade in diesem Bereich zeigen sich in Bochum große Defizite.

Internationalität und Englischsprachigkeit

Eigentlich sind nur die Ruhr-Universität und die Hochschulen in Sachen Internationalität und Englischsprachigkeit in Bochum sehr gut aufgestellt. Dort gibt es alles auch auf Englisch, Informationen wie Formulare, ein Welcome-Center und englischsprachige Ansprechpartner. Studierende wie Forschende aus allen Ländern der Welt sind an den Hochschulen Alltag und man geht mit ihnen jeden Tag selbstverständlich um.

Angebote in Englisch, Stadt Bochum

Auch die Stadtverwaltung gibt sich in Sachen Englisch verstärkt Mühe. Die Internet-Seite kann mäßig komfortabel auf Englisch übersetzt werden. Auch einige Merkblätter und Formulare gibt es auf Englisch. Die Angebote des Online-Service sind aber immer noch rein deutschsprachig, englischsprachige Kundenbedienung ist nur für Dienstleistungen des Bürgerbüros buchbar.

Im Rahmen der Bochum-Strategie soll ein Welcome-Center geschaffen werden, das Ausländer*innen, die nach Bochum ziehen möchten und kein Deutsch können, in allen Lebenslagen unterstützen soll. Man befindet sich also auf dem richtigen Weg, wie so oft geht aber alles nur sehr gemächlich voran. Andere Städte sind da schon deutlich weiter und bieten spezielle Internet-Seiten für Englisch sprechende Menschen an, die in der Stadt leben möchten, z.B. Berlin (Life in Berlin – Berlin.de) oder Hamburg (Residents ─ Live, Study & Work in Hamburg – hamburg.com).

Ganz schlecht sieht es bei den Stadtgesellschaften wie Stadtwerke, USB, BOGESTRA, Jobcenter und VBW aus, diese verfügen über gar kein englischsprachiges Angebot. Die Lieferung von Strom, Gas oder Waser auf englisch organisieren oder die Entsorgung des Abfalls, eine Wohnung bei der städtischen Wohnungsbaugesellschaft anmieten, Kindergeld beantragen, KiTa-Platz suchen oder das Kind zur Schule anmelden, geht wie auch vieles andere in Bochum bisher nicht oder nur mit großen Schwierigkeiten auf Englisch.

Überraschenderweise gibt es selbst die Tourismus-Seite in Bochum nicht auf Englisch (Die Webseite und Online-Reiseführer zur Stadt – Bochum Marketing GmbH (bochum-tourismus.de). Will man den Nahverkehr in Bochum benutzen, muss man auf die Internet-Seite des VRR ausweichen, auch die BOGESTRA ist weder auf Touristen noch andere nicht-deutschsprachige Nutzer*innen eingestellt.

Menschen aus dem Ausland bekommen keinen guten Eindruck

Für Menschen aus dem Ausland ergibt sich insgesamt der Eindruck, man ist in der deutschen Provinz gelandet, in einer Stadt, die auf Internationalität wenig Wert legt und die sich schwertut, sich auf internationale Gäste einzustellen, entweder weil sie denkt, für die zu unattraktiv zu sein oder weil man an ihnen nicht interessiert ist.

Englischsprachige Menschen, die in Deutschland einen Ort zum Leben suchen oder ausländische Unternehmen, die hier einen Firmensitz suchen, fühlen sich wenig eingeladen, werden leider eher abgeschreckt und werden daher andere Orte in Deutschland, die sich deutlich internationaler als Bochum präsentieren, bei der Wahl des Wohnortes oder Unternehmenssitzes vorziehen.

Immerhin ist man bei der städtischen Wirtschaftsentwicklung international aufgestellt. Hier kann man Angebote und Exposés auch auf Englisch bekommen und wird auch auf Englisch beraten. Bei der IHK dagegen fehlt bereits eine englische Webseite. Das ist besonders deswegen erstaunlich, weil der DIHK-Vizepräsident erst kürzlich Englisch als zweite Amtssprache gefordert hat (Deutsch für Einwanderer zu schwierig: DIHK-Vizepräsident fordert Englisch als zweite Amtssprache).

Insgesamt liegt Bochum, wie leider in viel zu vielen Bereichen, auch in Sachen Internationalität und Englischsprachigkeit zurück. Das Ziel zu verfolgen, hochqualifizierte Arbeitskräfte und ausländische Unternehmen für die Stadt zu gewinnen, ist sinnvoll. Solange es aber nicht gelingt, die Stadt entsprechend international zu präsentieren und die wichtigsten kommunalen Dienstleistungen und Angebote auch auf Englisch anzubieten, wird die Stadt die Attraktivität nicht erreichen, die nötig ist, damit die gewünschten Arbeitskräfte und Unternehmen sich ansiedeln. Bisher passiert hier noch deutlich zu wenig und das, was geschieht, viel zu langsam. Vom Bild und Ruf einer interanationalen Stadt ist Bochum noch weit entfernt.

24 Mrz

Schulentwicklungspläne erweisen sich immer wieder als unbrauchbar

166 Schüler und Schülerinnen bekommen in Bochum keinen Platz an ihrer Wunschschule, da der Schulentwicklungsplan dort keine ausreichenden Kapazitäten vorsieht. Die Bezirksregierung untersagt zunächst an zwei Schulen die Bildung von Mehrklassen. Das Chaos ist perfekt. Stadt und Bezirksregierung blamieren sich.

Aller 5 Jahre stellt die Stadt einen Schulentwicklungsplan für die weiterführenden Schulen auf. Dieser schreibt fest, wie die Bedürfnisse nach Plätzen an Gymnasien, Gesamt-, Real-, Sekundar- und Hauptschulen befriedigt werden sollen. Konkret wird im Plan festgeschrieben wie viele Eingangsklassen jede weiterführende Schule in Bochum bilden darf.

Mehrklassen sind Folge von städtischen Fehlplanungen

Real ist es jedoch kaum möglich den Bedarf an Klassen für 5 Jahr in die Zukunft vorherzusehen und zu planen. In der Realität passen die Anmeldezahlen daher regelmäßig nicht zu den Zahlen, die im Plan an der jeweiligen Schule vorgesehen wurden. Die Planungen sind unbrauchbar. Um es den Schüler*innen trotz Fehlplanung zu ermöglichen doch noch auf ihre Wunschschule zu gehen, ermöglicht das Schulgesetz die Bildung von so genannten “Mehrklassen”, also von zusätzlichen Klassen, die über die im Schulentwicklungsplan vorgesehene Maximalzahl ausnahmsweise für ein Jahr gebildet werden können.

Die Stadt Bochum beantragte an fünf Schulen für das nächste Schuljahr die Bildung von je einer “Mehrklasse”. Für das Graf-Engelbert-Gymnasium und die Hans-Böckler-Realschule lehnte die Bezirksregierung die Bildung von zusätzlichen Klassen jedoch zunächst ab.

Hinsichtlich des Graf-Engelbert-Gymnasiums begründete die Bezirksregierung ihre Ablehnung damit, dass im Stadtgebiet unter Berücksichtigung der zusätzlichen Klassen an den anderen Gymnasien sowie weiterer freier Kapazitäten ausreichend Plätze zur Verfügung stünden (PM Stadt Bochum 20.03.2024).

Für die Realschule lautete die Begründung, dass, obwohl die Kapazitäten an den Realschulen insgesamt nicht ausreichen, noch freie Kapazitäten an Sekundar- und Gesamtschulen in Bochum bestünden. An diesen Schulformen könne ebenfalls, wie an den Realschulen, der Mittlere Schulabschluss erworben werden (PM Stadt Bochum 20.03.2024).

Für die betroffenen Schüler*innen würde der Besuch anderer Schulen jedoch regelmäßig längere bis sehr lange Schulwege bedeuten (WAZ vom 21.02.2014). Das ist auch deswegen so, weil der Nahverkehr in Bochum unterentwickelt ist und der Stadt ein flächendeckendes Netz sicherer Radwege fehlt.

Gleichwohl ist auch die Entscheidung der Bezirksregierung zu kritisieren, die den untauglichen Schulentwicklungsplan genehmigt hat und eigentlich ebenfalls daran interessiert sein sollte, dass die Schülerin, wenn die räumlichen und personellen Kapazitäten vorhanden sind, dort erfüllt werden, wo die Schüler*innen sich angemeldet haben. Darauf zu beharren, dass der Schulentwicklungsplan umgesetzt wird, ist sinnloser Bürokratismus, der die Bedürfnisse der Schulkinder außer Betracht lässt, die eigentlich bei allen Überlegungen im Vordergrund stehen sollten.

Nach langen Verhandlungen und Protesten der Eltern hat sich die Bezirksregierung zumindest erweichen lassen an der Hans-Böckler-Realschule eine zusätzliche Klasse einzurichten (WAZ vom 22.03.24).

Das teilweise Einlenken der Schulaufsicht (Bezirksregierung) kann allerdings nicht über das Versagen der Stadt bei der Schulentwicklungsplanung hinwegtäuschen, die konsequent am realen Bedarf an Schulplätzen in Bochum vorbei geht.

Chaotische Schulentwicklungsplanung

Das setzt sich auch bei der neuen Schulentwicklungsplanung fort, die die Verwaltung für die nächsten 5 Jahre erarbeitet hat und über die aktuell in der Politik diskutiert wird (Beschlussvorlage 20240052).

So sollen gemäß den Vorstellungen der Verwaltung nicht etwa an der Hans-Böckler-Realschule neue Klassenzüge eingerichtet werden, die in diesem Jahr 95 Anmeldungen über Plan verzeichnete, sondern an der Realschule in Höntrop und der Annette-von-Droste-Hülshoff-Schule.

Dabei wäre eine Erweiterung der Hans-Böckler-Schule durchaus möglich. Denn dafür käme das ehemalige Gebäude der Realschule in Frage. Das soll zwar endlich saniert werden, soll aber nicht für die Realschule, sondern für zusätzliche Klassen für drei Gymnasien genutzt werden (Graf-Engelbert-Schule, Schiller-Schule sowie Neues Gymnasiums). 2010 sahen die Planungen zum Schulentwicklungsplan sogar noch vor, die Realschule ganz zu schließen (WAZ vom 30.08.2012).

Die Schulentwicklungsplanung in Bochum folgt keinem echten langfristigen Ziel. Vor 10 Jahren wurde am Standort Feldsieper Straße die Realschule geschlossen, es folgte die Gemeinschaftsschule, die nach 5 Jahren in eine Gesamtschule umgewandelt wurde und die nach den neusten Planungen jetzt wieder ausgelagert und einem neu zu schaffenden Gymnasium weichen soll (Gesamtschulstandort ist ungeeignet).

Die neusten Planungen sehen also vor ein neues zusätzliches Gymnasium zu schaffen. Dabei hat die Stadt erst 2010 durch die Zusammenlegung der Albert-Einstein-Schule und des Gymnasiums am Ostring zum Neuen Gymnasium eines geschlossen. Fast keine Planung erreicht eine Halbwertzeit von mehr als 10 Jahren. Was vor 5 bis 10 Jahren geplant wurde, wird heute wieder eingestampft. Fehlplanungen statt Verlässlichkeit ist das kennzeichnende Merkmal der städtischen Schulentwicklungspläne.

2012 nahmen die beiden Sekundarschulen (Rupert-Neudeck und Nelson-Mandela) ihre Arbeit auf, nach der jetzt vorgelegten Planung sollen beide wieder aufgelöst werden. Die Rupert-Neudeck-Schule soll ganz schließen und die Nelson-Mandela-Schule zu einer Gesamtschule werden. Schulgemeinschaft und Schulleitung erfuhren von der beabsichtigten Schließung aus der Zeitung. Das sagt viel darüber aus, wie ernst die Verwaltung die Belange und Bedürfnisse der Schulen vor Ort nimmt.

Dafür will die Stadt beide Hauptschulen weiterführen. Obwohl alle wissen, dass es mit einem Hauptschulabschluss für die meisten Schulabgänger*innen im Berufsleben keine Zukunftsperspektive geben dürfte.

Auch die neue Schulentwicklungsplanung weist schwere Mängel auf

Die gesamte Schulentwicklungsplanung basiert auf vagen Prognosen über die Entwicklung der Schülerzahlen, die mit großen Unsicherheiten und vielen Fragezeichen einhergehen. Eine Konferenz der betroffenen Schulen zur Weiterentwicklung der Schullandschaft gab es nicht, die Schulkonferenzen wurden im Planungsverfahren nicht angehört. Die Gebäude der weiterführenden Schulen wurden von Mitarbeiter*innen des Schulverwaltungsamtes und den Zentralen Diensten gemeinsam begangen, zu mehr reichte es nicht (Beschlussvorlage 20240052).

Die Planungen erfolgten allein auf den Prognosen der Schülerzahlen, aus denen die zukünftigen Raumbedarfe abgeleitet wurden und denen die vorhandenen Räumlichkeiten gegenübergestellt wurden. Tatsächlich wurde ein Raumbedarfsplanung aufgestellt, Eine echte Planung der zukünftigen Entwicklung der Schullandschaft, bei der auch Konzepte, Bedürfnisse und Belange aller betroffenen Schulen außerhalb des Raumbedarfs hätten berücksichtigt werden müssen, fand nicht statt.

Dazu ein Beispiel: So hat sich die Rupert-Neudeck-Schule in Dahlhausen mittlerweile etabliert, die Anmeldezahlen steigen. Seit 2020 gibt es die neuen, hochmodernen Naturwissenschaftsräume. Schüler*innen, die nach der 10. Klasse Abitur machen wollen, können auf dem gleichen Schulgelände zum Theodor-Körner-Gymnasium wechseln. Auch sonst funktioniert die Zusammenarbeit im Schulzentrum mit dem Gymnasium nach Aussage beider Schulen sehr gut. Beide Schulen ergänzen sich ideal (WAZ vom 11.02.2024). Jetzt soll die Schule nach nur 12 Jahren Bestehen geschlossen werden. Entfiele die Sekundarschule, müssten die Kinder aus Linden und Dahlhausen demnächst bis zur über 7 km entfernten Gesamtschule nach Wattenscheid-Westenfeld fahren. Im Sinne der Schüler*innen wäre das sicher nicht. Doch solche Aspekte, spielten bei der städtischen Schulentwicklungsplanung keine relevante Rolle.

Schulen müssen an Schulentwicklungsplanung intensiv mitwirken

Schon die Art und Weise wie Schulentwicklungsplanung in Bochum angegangen wird, ist also nicht geeignet, eine verlässliche, zukunftsweisende Entwicklung der Bochumer Schullandschaft zu bewirken. Entsprechend erweisen sich die Schulentwicklungsplanungen der letzten Jahrzehnte immer wieder als Fehlplanungen. Das Verfahren zur Entwicklung der Pläne muss grundlegend überdacht und neu organisiert werden. Die Schulleitungen und Schulkonferenzen der betroffenen Schulen sind dabei aus Sicht der STADTGESTALTER verstärkt einzubeziehen. Das ist bisher versäumt worden. Entsprechend lehnen die STADTGESTALTER die jetzt vorgelegten Planungen ab.

Von Plänen, die am realen Bedarf vorbei gehen, hat in der Stadt niemand etwas. Das zeigt sich auch bei den Schulentwicklungsplanungen für die Grundschulen, wo der erforderliche Bedarf an Schulen und Klassen ebenfalls völlig falsch eingeschätzt wurde und jetzt versucht wird, den Folgen der Jahrzehnte langen Fehlplanungen mit der massenweisen Aufstellung von Schulcontainern zu begegnen (48 Klassen in Containern – Bochumer Schulpolitik an neuem Tiefpunkt). Zudem sollte nach Ansicht der STADTGESTALTER bei den Schulentwicklungsplanungen ein zentrales Ziel sein, dass neue Schulen sich durch visionäre Schul- und Lernkonzepte auszeichnen (Neue Schulen in Bochum sollten sich durch visionäre Schul- und Lernkonzepte auszeichnen).

10 Mrz

In welchem Ausmaß ist Autoverkehr stadtverträglich?

Viele fühlen sich von Verkehrslärm, Stau oder zugeparkten Geh- und Radwegen genervt. Zu viel Autoverkehr in der Stadt macht diese unattraktiv. Auf der anderen Seite ist Autoverkehr nützlich und unverzichtbar. Das Problem ist der übermäßige Verkehr. Doch bis zu welchem Maß ist Autoverkehr stadtverträglich?

Eine Stadt ist zum Wohnen und Leben da, Verkehr in der Stadt ist aber notwendig, um sich in der Stadt zu bewegen, sollte jedoch nicht zur Belastung der Einwohner*innen werden. Zu viel Autoverkehr schadet der Stadt.

Folgen von übermäßigem Verkehr

Die Folgen von übermäßigem Autoverkehr sind vielfältig und beeinträchtigen die Lebens- und Wohnqualität in einer Stadt in vielerlei Hinsicht. Anwohnerinnen von Hauptverkehrsstraßen sind Lärm und Luftverschmutzung ausgesetzt. Zu viel Verkehr verhindert direkte und schnelle Straßenquerungen. Der Verkehr führt zu Trading-Down-Effekten an Hauptverkehrsstraßen. Immobilien lassen sich schwer vermieten, die Mieteinnahmen reichen nicht aus, um die Gebäude Instand zu halten und zu sanieren. Es kommt zu sichtbarem Sanierungsstau bis Verfall. Für Vermieterinnen hat der Verkehr gravierende Mietpreisverluste zur Folge.

Aber auch Menschen, die andere Verkehrsmittel benutzen werden schwer beeinträchtigt. Geh- und Radwege werden zugeparkt, auch Kreuzungen, Grünflächen und anders mehr. Es fehlen Radwege, weil der Autoverkehr den nötigen Raum dafür beansprucht. Der ÖPNV wird behindert, Bus und Bahn stehen im Autostau oder werden durch Falschparkende an der Weiterfahrt gehindert. Auch behindert der Autoverkehr sich selbst. Notwendiger Verkehr zur Arbeit, zu Anlieferung oder Handwerkerverkehr bleibt im übermäßigen Verkehr stecken, weil manche auch für den Weg zum Fitnessstudio oder dem Kleingartenverein noch unbedingt das Auto nehmen müssen.

Zudem bedeutet übermäßiger Autoverkehr für die Stadt überhöhte finanzielle Belastungen. Denn die Autofahrenden zahlen nur 40-60% der Kosten, die das Autofahren tatsächlich verursacht (Studie: Straßenverkehr deckt Kostenbedarf nur zu 36 Prozent). Wissenschaftliche Studien zeigen, die Subventionen liegen in Städten im Schnitt beim Dreifachen von dem, mit dem Bus und Bahn bezuschusst werden (Der Autoverkehr kostet die Kommunen das Dreifache des ÖPNV).

Der Verlust der BOGESTRA, des Nahverkehrsunternehmens von Gelsenkirchen und Bochum, liegt bei rund 90 Mio. Euro im Jahr. Die Subventionen des Autoverkehrs lägen rein rechnerisch also für beide Städte zusammen bei schätzungsweise 270 Mio., Umgerechnet auf Bochum, dass fast 73% der Anteile des Nahverkehrsunternehmens hält, ergeben sich somit 197 Mio. Euro pro Jahr. So kostet allein das kostenfreie Anwohnerparken die Stadt über 20 Mio. Im Jahr. Dazu kommt die Subvention der städtischen Parkhäuser (Parkhäuser verkaufen und Geld in die Innenstadt investieren). Ebenso steht den Kosten, die die Stadt für den Bau und die Erhaltung der Straßen sowie für Maßnahmen zur Lärmminderung und die Beseitigung von Umweltschäden ausgibt, kein ausreichender Finanzierungsbeitrag der Autofahrenden gegenüber.

Autoverkehr belastet also nicht nur die Bewohner*innen der Stadt, sondern auch massiv die Stadtkasse. Auf der anderen Seite ist Autoverkehr in der Stadt nötig, um die Menschen zu versorgen und sie von A nach B zu bringen, hat also auch einen erheblichen Nutzen.

Nutzen von Autoverkehr

Allerdings hat nicht jede Fahrt mit dem Auto den gleichen Nutzen. Viele Fahrten haben nur für den Fahrenden einen privaten Nutzen, für sonst aber niemanden. Handels- und Handwerks- wie öffentlicher Verkehr haben wiederum einen Nutzen für die Allgemeinheit und die Gesellschaft. Dazu gibt es Fahrten, für die könnten auch andere Verkehrsmittel verwendet werden, deren Benutzung fast ohne Belastungen für die Stadtbewohner*innen und mit kaum oder deutlich geringeren Kosten für die Stadtkasse verbunden wären, z.B. die Nutzung von Fahrrädern, den Füßen oder von Bus und Bahn.

Es gibt also einen Anteil Autoverkehr, der ist notwendig, nicht mit anderen Verkehrsmitteln sinnvoll durchführbar und nutzt der Allgemeinheit und einen anderen. der nutzt nur privat dem Fahrenden, bedeutet aber für die Stadt massive Belastungen sowohl hinsichtlich Lebensqualität wie für die Stadtfinanzen und wäre vermeidbar, weil andere Verkehrsmittel genutzt werden könnten.

Ziel einer Stadt sollte also sein, den Autoverkehr auf das notwendige stadtverträgliche Maß zu reduzieren. Aktuell werden 54% der Wege in Bochum mit dem Auto zurückgelegt. In
wirtschaftlich erfolgreichen Städten sind es heute schon ein Drittel bis die Hälfte weniger. Es ist also auch in Bochum möglich den Autoverkehr deutlich zu reduzieren.

Vergleich Modal Split

Eine Stadt sollte nicht mehr Autoverkehr zulassen, als sie verträgt. Der Platz für Straßen und Parkplätze in der Stadt ist begrenzt, er kann nicht beliebig erweitert werden. Andere Nutzungen, die mehr Menschen nutzen als z.B. ein Parkplatz, müssen Vorrang haben vor einer verkehrlichen Nutzung des öffentlichen Raums. Der öffentliche Raum gehört allen Stadtbewohner*innen und muss daher auch zum Vorteil von möglichst vielen nutzbar sein.

Doch bis zu welchem Maß ist Autoverkehr stadtverträglich und ab wann wird es zu viel? Um diese Grenze zu definieren, muss man die einzelnen Bereiche des Verkehrs betrachten:

Parken – Zahl der zugelassenen Autos
In einer Stadt können nur so viele Autos zugelassen werden, wie auch Platz vorhanden ist, wo sie abgestellt werden können. Stellplätze im öffentlichen Raum sind nur da anzulegen, wo sie andere nicht behindern und die Fläche nicht besser und zum Nutzen von mehr Menschen genutzt werden kann. Auf Gehwegen sind also keine Abstellplätze auszuweisen, das Parken ist dort auch nicht zu dulden. Flächen für Wohnungen, gut gestaltete autofreie Stadtplätze oder Radwege zu nutzen ist einer Nutzung als Parkplatzfläche vorzuziehen.

Es ist also darauf zu achten, dass in einer Stadt nur so viele Autos zugelassen werden, wie Abstellplätze dafür vorhanden sind. Entsprechend muss man in asiatischen Großstädten und Metropolen die Voraussetzung, um ein Auto anschaffen und zulassen zu können, der Nachweis eines Stellplatzes. Um die Zahl der Stellplätze zu erhöhen, kann die Stadt Quartiersgaragen bauen (Quartiersparkhaus plus+ – viel mehr Nutzungen außer Parken).

Werden im mehr Autos angeschafft, ohne, dass in der Stadt die erforderlichen Abstellplätze dafür vorhanden sind, ist dies nicht stadtverträglich.

Autogröße
Um so kleiner das Fahrzeug um so stadtverträglicher ist es. Die verbrauchte Fläche ist geringer. Der Verkehr fließt besser. Das Überholen von Fahrrädern mit ausreichendem Abstand ist. Z.B. einfacher. 1,4 Menschen fahren im Durchschnitt in deutschen Autos. In vielen sitzt also nur eine Person. In den meisten Fällen ist die Nutzung eines großen Autos also gar nicht nötig. Die verstärkte Nutzung übergroßer Autos hat für die Allgemeinheit keinen Nutzen und ist nicht stadtverträglich sie schafft nur Probleme. So nimmt auch die Schwere von Unfallverletzungen mit Zunahme der Autogröße zu.

Die Stadt sollte also die Anschaffung von Kleinstfahrzeugen fördern und die Anschaffung von unnötig großen Fahrzeugen sanktionieren.

Kosten des Autoverkehrs
Die Nutzung des Autoverkehrs ist nicht stadtverträglich, wenn dadurch die Stadtkasse unnötig belastet wird. Es ist zudem nicht gerecht, wenn diejenigen, die kein oder kaum Auto fahren die Kosten des Autofahrens, die andere verursachen, durch ihre Steuern mittragen.

Die Stadt muss also dafür sorgen, dass die Nutzung des Autos so viel kostet, wie das Fahren an Kosten verursacht. Mögliche Instrumente dafür wären eine Zulassungs- und Parksteuer oder eine Citymaut. In jedem Fall sind die Kosten, die Parkplätze im öffentlichen Raum bei der Stadt verursachen, zu 100% allein von denen zu tragen, die sie nutzen.

Behinderung von Rad- und Fußverkehr
Aus der Nutzung des Autos darf keine Behinderung des Rad- und Fußverkehrs folgen. Wird dieser durch übermäßigen Autoverkehr behindert, ist dieser nicht mehr stadtverträglich. aus dem Demokratieprinzip folgt, Menschen müssen mit allen Verkehrsmittel gut und sicher durch die Stadt kommen. Dass zu viele Menschen das Auto nutzen, darf nicht zu Lasten der Menschen gehen, die zu Fuß Gehen oder das Rad nutzen möchten.

Das bedeutet es muss ein flächendeckendes und komfortables Netz an Rad- und Gehwegen geben. Der dafür nötige Platz ist unabhängig vom Autoverkehr bereit zu stellen. Die von Autos auf Hauptverkehrsstraßen zu beanspruchende Fläche kann nur so bereit sein, wie nach Abzug von den nötigen Flächen von Rad- und Fußverkehr übrigbleibt. Gegebenenfalls können keine Abstellflächen ausgewiesen werden oder ist nur das Angebot einer Fahrspur möglich. Auch muss überall eine gute Querung von Straßen möglich sein, es darf nicht zu einer sich negativ auf die Wohn- und Lebensqualität auswirkende Barrierewirkung von Straßen kommen.

Den Komfort von Menschen, die Rad fahren oder zu Fuß gehen zu Gunsten des Autoverkehrs einzuschränken, widerspricht dem Grundsatz einer stadtverträglichen Autonutzung.

Belastung für Anwohnerinnen von Straßen
Wohn- und Lebensqualität sind höher zu bewerten als der Wunsch überall durch die Stadt schnell mit dem Auto fahren zu können. Insofern die Folgen des Autoverkehr Wohn- und Lebensqualität von Menschen beeinträchtigt, die an Straßen wohnen, sind diese Belastungen so gering wie möglich zu halten. Somit bedeutet stadtverträglicher Autoverkehr auch, Wohngebiete konsequent von Durchgangsverkehr freizuhalten und Tempo 30 stadtweit dort einzuführen, wo Menschen wohnen. Auch sind in Wohngebieten, Straßen zum Nutzen und Leben der der Bewohnerinnen zu gestalten, das Bedürfnis einzelner auf der Straße direkt vor der Haustür parken zu können ist nachrangig zu behandeln.

Auch darf übermäßiger Verkehr nicht dazu führen, dass Immobilien sich nicht mehr kostendeckend vermieten lassen und Gebäude an Hauptverkehrsstraßen deswegen nicht mehr saniert und modernisiert werden können.

Kinder, ältere Menschen und Menschen mit Behinderungen
Die Bedürfnisse gesellschaftlicher Gruppen, die aufgrund Alters oder einer Behinderung nicht mit dem Auto unterwegs sein können, bedürfen besonderer Beachtung. So muss es für Kinder ab 11 Jahren möglich sein sicher und selbständig durch die Stadt und zur Schule zu Fuß oder mit dem Rad zu fahren. Für mobilitätseingeschränkte und ältere Menschen müssen die Wege, die sie laufen müssen, um Straßen queren zu können möglichst kurz sein und die Querungszeiten an Ampeln ausreichend lang. Auch ist Menschen, die zu Fuße gehen, bei der Überquerung von Straßen grundsätzlich durch Zebrastreifen Vorrang zu gewähren. Solange übermäßiger Autoverkehr all diese Dinge nicht zulässt, ist er nicht stadtverträglich

Umgekehrt ist für Menschen mit nachgewiesenen Mobilitätseinschränkungen, die auf ein Auto angewiesen sind, zu ermöglichen, dass sie überall gut mit dem Auto hinkommen.

Behinderung von notwendigem Autoverkehr durch unnötigen Autoverkehr
Letztlich ist es auch nicht stadtverträglich, wenn überflüssiger Autoverkehr, für den auch andere Verkehrsmittel genutzt werden könnten, den Verkehr, für den ein Auto notwendig ist, behindert und zum Beispiel Staus erzeugt, oder erforderliche Abstellflächen belegt. Will man größere Dinge transportieren oder fehlt es an einer alternativen bzw. zumutbaren ÖPNV-Verbindung, ist die Nutzung des Autos sinnvoll und muss stadtverträglich möglich sein.

Die Stadt muss also versuchen, den notwenigen Verkehr zu bevorzugen, z.B. durch Bereitstellung von Ladezonen und den übermäßigen und stadtunverträglichen Autoverkehr unattraktiv machen. Dazu ist zum einen der Ausbau von Alternativen erforderlich, insbesondere des ÖPNV- und Radwegenetzes, zum anderen ist unnötigem Verkehr entgegenzuwirken, zum Beispiel Straßen vor Schulen zu sperren, damit Eltern ihre Kinder nicht mit dem Auto zur Schule bringen.

Autoverkehr auf ein stadtverträgliches Maß reduzieren

Bisher verfolgt die Stadt Bochum nicht das Ziel, den Autoverkehr in der Stadt auf ein verträgliches Maß zu reduzieren. So lässt sie es weiterhin zu, dass immer neue Autos angeschafft werden, auch wenn im Stadtgebiet dafür gar keine legalen Abstellplätze mehr vorhanden sind. Die Stadt hat die Kontrolle über den Autoverkehr verloren. Sie ergreift nicht aktiv Maßnahmen, um den übermäßigen Autoverkehr zu reduzieren, sie reagiert nur in dem sie z.B. zusätzliche Parkplätze auf Gehwegen ausweist oder das Parken auf Gehwegen duldet und damit anderen Verkehren Platz wegnimmt.. Ebenso werden mit übermäßigem Autoverkehr immer wieder Zustände gerechtfertigt, die zum Nachteil anderer Verkehrsträger gehen. So wird die Einrichtung von Radwegen oder die Anlage von Zebrastreifen gerne mit der Begründung abgelehnt, der Autoverkehr sei zu hoch.

Eine attraktive Stadt lässt nur so viel Autoverkehr zu wie nötig und stadtverträglich möglich ist. Zu viel Verkehr macht Städte unattraktiv, besonders für Manschen die aus anderen Städten die negativen Folgen übermäßigen Autoverkehrs nicht kennen. Den Autoverkehr auf ein stadtverträgliches Maß zu senken ist also nicht nur ein Gewinn für die Wohn- und Lebensqualität in der Stadt, sondern ist auch ein entscheidender Faktor bei der Ansiedlung von Menschen und Unternehmen sowie für den Eindruck ,den Menschen von der Stadt haben, die sie besuchen, z.B. als Touristen.

Foto Beitragsbild: Wolfram Däumel

11 Feb

Gestaltungssatzung ablehnen – Grüne, attraktive statt graue, trostlose Innenstadt

Die Stadt will mit der neuen Gestaltungssatzung der Bochumer Innenstadt triste, graue Fassaden nach dem Vorbild der 50er Jahre vorschreiben. Die STADTGESTALTER schlagen stattdessen vor, eine attraktive, durchgrünte Innenstadt als Vorbild für Großstädte weltweit zu schaffen.

Bereits 2019 beschloss der Stadtrat eine Gestaltungssatzung für die Innenstadt. Aufgrund erheblicher rechtlicher Mängel bei Erstellung der Satzung, kam das Verwaltungsgericht zu der Einschätzung, die Gestaltungssatzung sei unwirksam (Gestaltungssatzung absurd: Wenn die Markise nicht mit der Gestaltung der Tanke harmoniert). Folgerichtig hob der Stadtrat die Satzung auf. Jetzt nimmt die Stadt einen zweiten Anlauf eine geänderte Gestaltungssatzung auf den Weg zu bringen.

Satzung soll Baustil der Nachkriegsmoderne vorschreiben

Doch inhaltlich hat sich in der Satzung wenig geändert, lediglich der Geltungsbereich wurde verkleinert und die Begründung substanziell nachgebessert (Gestaltungssatzung – neu). Hinter der Gestaltungssatzung steht die Idee, zukünftig solle das Stadtbild der Innenstadt geprägt sein durch überwiegend graue bis hellbeige Fassaden im Stil der 50er Jahre.(Gestaltungsleitlinien). Entsprechend untersagt die Gestaltungssatzung farbige Fassaden. Auch Ganzglasfassaden und Holzfassaden sind nicht erlaubt, Die Begrünung von Fassaden soll nur im Einzelfall zugelassen werden.

Zulässige Fassadenfarben, Gestaltungssatzung

Vorbild der Gestaltung von Gebäuden in der Innenstadt soll die Architektur der Nachkriegsmoderne sein. Dieser Baustil, wird von den Menschen als überwiegend trist, grau und langweilig wahrgenommen, Flair und Ambiente vermag er einer Innenstadt nicht zu verleihen.

Die Bochumer Innenstadt weist durchaus architektonisch spannende Gebäude der Nachkriegsmoderne auf, die es zu erhalten gilt  Als Vorbild für die zukünftige Gestaltung  einer ganze Innenstadt, taugt der Baustil der Nachkriegsmoderne jedoch wenig. Das Ansinnen der Gestaltungssatzung, eine Weiterentwicklung der Architektur im Stadtbild der Innenstadt zu unterbinden und das Zeitalter der Nachkriegsmoderne quasi auf ewig festzuschreiben, steht dem Ziel der Belebung der Innenstadt entgegen.

Gestaltungssatzung soll Verunstaltung verhindern

Eine Gestaltungssatzung soll dafür sorgen, dass die Innenstadt über Flair, Ambiente und ein attraktives Stadtbild verfügt, damit sich die Menschen dort wohl fühlen, optisch von den Gebäuden angesprochen fühlen und gerne dort hin gehen. Eine Gestaltungssatzung verfolgt keinen Selbstzweck, es darf nicht darum gehen, der Innenstadt allein aufgrund architekturtheoretischer Gründe einen bestimmten Baustil vorzuschreiben.

Bei einer Gestaltungssatzung sollte es vorrangig darum gehen Verunstaltungen vorzubeugen und zu verhindern. Insoweit sind die Regelungen der Bochumer Satzung zu Werbeanlagen, Beklebungen von Schaufenstern, Kragplatten und Vordächer im Wesentlichen nachvollziehbar und richtig. Jegliche architektonische Weiterentwicklung der Innenstadt zu verhindern und einen Baustil vorzuschreiben, der kreative, architektonische Ausrufezeichen nicht vorsieht, darf dagegen nicht Ziel der Gestaltungssatzung sein. Insofern ist die jetzt vorgeschlagene Satzung auch weiterhin rechtlich bedenklich.

Gebäude im Stile von Gaudi oder Hundertwasser wären mit der neuen Gestaltungssatzung in der Bochumer Innenstadt verboten, sie passen nicht ins grau, monoton streng und eckig gegliederte Einerlei. Dabei sind es gerade solche architektonisch einzigartigen Gebäude, die eine Innenstadt attraktiv machen, Menschen anziehen und für eine Identifikation mit der Stadt sorgen.

Gestaltungssatzung sollte einer zeitgemäßen architektonische Weiterentwicklung nicht im Wege stehen

Aus Sicht der STADTGESTALTER ist der Ansatz der Bochumer Gestaltungssatzung falsch. Es muss darum gehen eine hochwertige und zeitgemäße architektonische Weiterentwicklung zu fördern, nicht sie zu verhindern. Architektur muss sich in Zukunft mit den Anforderungen an Klimaschutz vereinbaren lassen. Das erfordert u.a. den Einsatz anderer Baustoffe, insbesondere Holz. Lebendige Grünfassaden und -dächer werden andere Kubaturen erfordern. Photovoltaikfassaden, in Fassaden integrierte Windkraftanlagen u.ä. werden dazu führen, das Gebäude der Zukunft sich grundsätzlich in der Gestaltung von solchen abheben werden, wie wir sie heute kennen.

Leitbild der Gestaltungssatzung sollte nach Ansicht der STADTGESTALTER auch nicht das Vorschreiben eines bestimmten Baustils sein, sondern die Schaffung von Flair, Ambiente und einem hochwertigen Stadtbild.

Leitbild “Durchgrünte Innenstadt”

Die STADTGESTALTER schlagen daher vor die Gestaltungssatzung auf die Regelungen zu kürzen, die Verunstaltungen verbieten und verhindern. Ansonsten aber der Innenstadt keinen Baustil vorzuschreiben, sondern sich für die zukünftige Entwicklung ein fortschrittliches, zeitgemäßes Leitbild zu geben: “Die durchgrünte Innenstadt”.

Bochum könnte die erste Innenstadt weltweit sein, die alle Möglichkeiten der Begrünung ausschöpft, von Dachgärten, über Fassaden- und Platzbegrünung bis zur Schaffung von neuen Parks- und Grünflächen. Bisher wird die Stadt Bochum zwar als überraschend grün wahrgenommen, die Innenstadt präsentiert sich aber immer noch weitgehend als graue trostlose Beton- und Steinwüste.

Graue Tristesse – Innenstadt

Der Künstler Ulrich Schmitt visualisiert mit seinem “Bunten Amt für Zukunft” am Beispiel Nürnberg wie eine solche “Durchgrünte Innenstadt” (Visionen 2024) in idealisierter Weise aussehen könnte (Buntes Amt für Zukunft). Das Leitbild einer grünen und klimaresilienten Innenstadt, wie es die STADTGESTALTER vorschlagen, würde bedeuten, die Stadt schüfe in der Innenstadt die Voraussetzung und entsprechende Vorgaben jede Fassade, jedes Dach und Vordach zu begrünen. Darüber hinaus würden überall da, wo es sinnvoll und möglich erscheint, Straßenabschnitt und Plätze grün umgestaltet bzw. zu Parks und Grünflächen umgewandelt. Auch wäre zu prüfen, wo in der Innenstadt Platz vorhanden ist, um dort markante Bäume wachsen zu lassen.

Foto: Ulrich Schmitt – “Buntes Amt für Zukunft”
Foto: Ulrich Schmitt – “Buntes Amt für Zukunft”
Foto: Ulrich Schmitt – “Buntes Amt für Zukunft”
Foto: Ulrich Schmitt – “Buntes Amt für Zukunft”

Einige konkrete Begrünungsmaßnahmen in dieser Richtung haben die STADTGESTALTER in der Vergangenheit bereits vorgeschlagen: DachparkBegrünungsinitiativeFassadengärtenGrüne Schattensegel und Propstei-Park. Die durchgrünte Innenstadt umschließen könnte ein Ringpark, der entstünde, wenn man wie von den STADTGESTALTERn den Innenstadtring zur Einbahnstraße macht (Der Bochumer Innenstadtring als Einbahnstraße)

Bei einer Durchgrünung müsste darauf geachtet werden, dass es nicht zu einer übermäßigen Verschattung kommt, Sichtachsen bestehen bleiben, der Laubfall berücksichtigt wird und ausreichend Platz für den erforderlichen Verkehr vorhanden bleibt. Um mehr Platz für Grün zu schaffen, sollten im Bereich der Innenstadt sämtliche Autostellplätze konsequent von den Straßen in die Parkhäuser verlagert werden. Auf den Straßen verblieben Halteflächen für die Anlieferung.

Zu überlegen ist auch, die Innenstadtbegrünung durch Bächle und Wasserspiele zu ergänzen. Auch das wurde von den STADTGESTALTERn zusammen mit der FDP bereits 2017 vorgeschlagen und von der Verwaltung positiv aufgenommen (Mitteilung 20172592).

Als erste durchgrünte und klimaresiliente Innenstadt der Welt könnte Bochum große Aufmerksamkeit auf sich ziehen. Dies würde der Entwicklung von City und Stadt neue positive Impulse geben und für Investitionsanreize sorgen. Die Innenstadt könnte sich zudem zu einer Sehenswürdigkeit entwickeln, die Touristen ist die Stadt locken würde.

Dagegen würde die jetzt vorgeschlagene Gestaltungssatzung die aktuelle graue, langweilige und 08/15-Gestaltung der Innenstadt auf ewig zementieren und wird daher in der Sitzung des Stadtrats am 14.03.24 von den STADTGESTALTERn abgelehnt.

Beitragsbild Ulrich Schmitt – “Buntes Amt für Zukunft”

04 Feb

BOGESTRA mit Instandhaltung von Aufzügen und Rolltreppen überfordert

Dass Rolltreppen oder Aufzüge für Wochen, Monate oder sogar Jahre ausfallen, ist bei der Bochumer BOGESTRA kein Einzelfall. Ursache ist jedoch – anders als das Unternehmen es darstellt – nicht, dass Ersatzteile aus Asien nicht geliefert werden, sondern dass die Instandhaltung des Unternehmens schlecht organisiert ist. Die vielfältigen Probleme beleuchtet dieser Beitrag.

De Ausgangslage ist beschämend, jede sechste Rolltreppe der BOGESTRA funktioniert nicht und das immer wieder über Wochen, Monate oder sogar Jahre (WAZ vom 30.01.2024). Von 53 Aufzügen sind aktuell sechs “bis auf Weiteres außer Betrieb” (Aktuelle Aufzugsstörungen BOGESTRA), das sind über 11%. Fahrgäste, die auf Aufzüge angewiesen sind, werden in 5 von 6 Fällen aufgefordert, zu anderen Stationen zu fahren, umzusteigen und von da zur eigentlichen Zielstation mit der gleichen oder einer anderen Linie zu fahren. Und das für einen unbestimmten Zeitraum. Eine solche Behandlung der Kunden ist unzumutbar, blamabel und inakzeptabel.

Kundeninteressen stehen nicht im Fokus der BOGESTRA

Die Zustände sagen viel darüber aus, welchen Stellenwert Fahrgäste und Kunden bei der BOGESTRA besitzen. Interessen und Belange der Kunden stehen weder im Fokus des Unternehmens noch der Politik, beide sind vorrangig daran interessiert, dass es den Beschäftigten der BOGESTRA gut geht, Kunden und deren Bedürfnisse spielen allenfalls nachrangig eine Rolle. Statt die BOGESTRA aufzufordern, die Missstände endlich abzustellen, sehen sich die Ratsmitglieder von SPD und Grünen – wie zuletzt in der Ratssitzung am 01.02.2024 – allenfalls verpflichtet, zu erklären, dass alles nicht so schlimm wäre und die Beschäftigten eine gute Arbeit machen würden. An Lösungen im Sinne der Kunden, ist man nicht interessiert.

Beispiel Rolltreppe Pieperstraße

Ein typischer Fall für die Misere stellt die Rolltreppe Pieperstraße der Station Schauspielhaus dar. 23 Jahre nach Fertigstellung der Station wurden die Rolltreppen an dieser Haltestelle Ende des Jahrs 2000 aufgrund des hohen Kostenaufwands beim Betrieb der alten Fahrtreppen getauscht. In den ersten drei Jahren nach der Inbetriebnahme kam es an den vier neuen Treppen nach Aussage der BOGESTRA zu ca. 590 Störungen bzw. Außerbetriebnahmen (Mitteilung 20032686). Die Rolltreppen standen mehr als sie liefen.

Schon vor Jahren, der genaue Zeitpunkt ist nicht mehr bekannt, fällt die Rolltreppe Pieperstraße dann endgültig aus. Die BOGESTRA schaffte es bis heute nicht, diese wieder lauffähig zu bekommen. Sie streitet stattdessen mit dem Hersteller, wer die Schuld an den dauernden Ausfällen trägt. Es werden immer wieder neue Termine genannt, wann die Treppe wieder laufen soll, zuletzt sollte bis Ende September 2023 eine Generalreparatur erfolgen, Stand jetzt soll die Wiederinbetriebnahme irgendwann 2024 erfolgen. Öffentlich einen genauen Termin zu nennen, wagt die BOGESTRA nicht mehr.

Der Fall zeigt, die BOGESTRA ist mit der Instandhaltung völlig überfordert und trägt den Streit mit dem Hersteller über die Gewährleistung auf Kosten der Kunden aus. Die Treppe hätte lange komplett getauscht werden müssen. Die Kunden haben Anspruch auf eine laufende Rolltreppe. dieser wird aber von der BOGESTRA ignoriert.

Was läuft bei der Instandhaltung falsch?

Es stellt sich die Frage, warum ist die BOGESTRA nicht in der Lage die Rolltreppen und Aufzüge ordnungsgemäß Instand zu halten und zeitnah zu reparieren. Warum bekommt die BOGESTRA nicht hin, was in Einkaufszentren, und Großstädten weltweit üblich und selbstverständlich ist.

Die Ursachen sind vielschichtig: Die BOGESTRA hat bei Rolltreppen und Aufzügen immer wieder andere Modelle unterschiedlicher Hersteller eingebaut. Für eine Vielzahl verschiedenster Baureihen und Herstellervarianten Ersatzteile vorzuhalten ist aufwendig und teuer. Das Unternehmen bevorratet, um Kosten zu sparen, zu wenige Ersatzteile.

Darüber hinaus kann die BOGESTRA grundlegende Reparaturen nicht selbst durchführen, sondern beauftragt Fremdfirmen, mit denen aber keine Vereinbarungen bestehen, dass diese umgehend tätig werden und die Reparaturen innerhalb festgelegten Fristen durchführen müssen.

Auch sind Instandhaltung und Wartung von Rolltreppen wie Aufzügen bisher nicht mit anderen Nahverkehrsunternehmen abgestimmt. Eine gemeinsame Instandhaltungs- und Wartungsabteilung der Nahverkehrsunternehmen des VRR gibt es nicht. Man hat es über Jahrzehnte versäumt VRR-weit gemeinsam gleiche Baureihen von Rolltreppen und Aufzügen zu kaufen, um deren Instandhaltung- und Wartung sowie die Bevorratung der Ersatzteile dann gemeinsam zu organisieren. Immerhin koordiniert die BOGESTRA mittlerweile zumindest den Einkauf von neuen Rolltreppen mit Kooperationspartnern der Metropole Ruhr.

Das eigentliche Problem besteht darin, dass viele Anlagen überaltert und entsprechend verschlissen sind, aber immer noch betrieben werden, die eigentlich längst hätten ausgewechselt werden sollen. Rolltreppen haben im Schnitt eine Lebensdauer von 20-30 Jahren, ehe eine Kompletterneuerung oder ein Austausch erforderlich ist. Die Anlagen der BOGESTRA sind teilweise 35 Jahre und älter. 170 Rolltreppen betreibt die BOGESTRA. 4-6 werden pro Jahr getauscht (Mitteilung 20190255). Im Schnitt sind die Treppen also fast 34 Jahre alt, ehe sie erneuert werden.

Das Märchen von der schwierigen Ersatzteilbeschaffung aus Asien.

Je mehr Jahre die Treppen über die eigentlichen Lebenszeiten laufen, um so fehleranfälliger werden sie und um so schwieriger wird es für bereits lange Zeit nicht mehr gebaute Modelle noch Ersatzteile zu bekommen.

Anders als die BOGESTRA behauptet, ist die Überalterung der Treppen der Hauptgrund für die Schwierigkeiten Ersatzteile zu bekommen, nicht, dass sie – wie mittlerweile fast alle technischen Anlagen – in Asien gefertigt werden (Bochumer motzen wegen Rolltreppen-Irrsinn – BOGESTRA reagiert). Zumal sämtliche großen Rolltreppenhersteller bis auf Mitsubishi Electric nicht in Asien ansässig sind (Otis, ThyssenKrupp, Schindler und Kone) und die BOGESTRA keine Rolltreppen von Mitsubishi unterhält. Alle Hersteller betreiben seit etlichen Jahren Produktionsstandorte in Asien. Aber wie Automobilhersteller oder andere Anlagenbauer auch, sind die erforderlichen Ersatzteile für aktuelle Modelle auch in Europa und Deutschland vorrätig, nur für Oldtimer und Spezialanfertigungen ist die Besorgung nachvollziehbar schwierig.

Das Argument, die Rolltreppen und Aufzugshersteller seien wegen der Fertigung in Asien an der Misere schuld, ist also eine Ausrede. Das Problem liegt im Wesentlichen bei der BOGESTRA selbst.

Reorganisation der Instandhaltung und Wartung von Rolltreppen und Aufzügen

Die Instandhaltung und Wartung von Rolltreppen und Aufzügen muss bei der BOGESTRA grundlegend neu organisiert werden. Das Wichtigste ist, dass das Unternehmen in Zukunft die entsprechenden Tätigkeiten zusammen mit den anderen Nahverkehrsunternehmen des VRR aus einer Hand organisiert und die Ersatzteile zentral für alle bevorratet werden. Gemeinsam müssen die Unternehmen gleichartige Modelle, gleicher Hersteller einkaufen, um die Zahl der benötigten und zu bevorratenden Ersatzteile erheblich zu reduzieren.

Bereits beim Bau von Stationen sollte darauf geachtet werden, dass soweit irgend möglich nur Standardtreppen.- und -aufzüge zum Einsatz kommen und auch davon möglichst wenige. Hier wurden in der Vergangenheit Fehler gemacht, die jetzt hohen Folgekosten nach sich ziehen. Eine Rolltreppe plus Aufzug auf eine Zwischenebene und jeweils eine weitere Anlage auf den Bahnsteig, verdoppelt die Ausfall- und Reparaturwahrscheinlichkeit und lässt die Kosten immens steigen. Ein Aufzug und eine Rolltreppe direkt auf den Bahnsteig sind auf Dauer günstiger. Spezialanfertigungen wie überlange Rolltreppen und Schrägaufzüge, sind in der Instandhaltung wie der Ersatzbeschaffung ebenfalls extra teuer und aufwendig. Bei der Planung zukünftiger Stationen muss also bereits der daraus folgende Instandhaltungsaufwand berücksichtigt werden.

Ebenfalls von entscheidender Bedeutung, Aufzüge und Rolltreppen müssen rechtzeitig getauscht werden, wenn das Ende des Lebenszyklus erreicht ist und bevor die Reparaturanfälligkeit steigt und die Ersatzteilversorgung der Baureihen nicht mehr sichergestellt ist.

Defizite bei der BOGESTRA vielfältig

Die Misere bei Instandhaltung von Wartung von Rolltreppen und Aufzügen wirft ein Schlaglicht auf die Leistungsfähigkeit der BOGESTRA. Diese ist nicht nur in diesem Bereich bedenklich gering, Pünktlichkeit und Zuverlässigkeit sowie das kundenfeindliche wie ineffiziente Ticket- und Fahrscheinsystem (VRR: Fahrgäste gefangen im Tarifdschungel) sind in dieser Hinsicht weitere Baustellen.

Auch zeigt dieser Fall, warum die Kosten bei dem Unternehmen aus dem Ruder laufen. Man ist bisher nicht bereit, die Kosten durch konsequente Zusammenarbeit mit den anderen Nahverkehrsunternehmen des VRR nachhaltig zu senken. Den Willen zur Kooperation mit anderen Unternehmen gibt es zwar auf dem Papier, Zusammenarbeit, da wo sie naheliegend, sinnvoll und im Sinne der Fahrgäste und Städte zwingend erforderlich ist, gibt es jedoch oft nicht.

Erschreckend ist zudem, was die BOGESTRA meint, den Kunden und Fahrgästen zumuten zu können. Wäre Kundenzufriedenheit das oberste Unternehmensziel und stünden die Fahrgäste im Mittelpunkt des Unternehmensinteresses, dürfte es zu dem beschriebenen Verhalten gegenüber den Kunden niemals kommen.

BOGESTRA befindet sich in einer ernsthaften Krise

Betrachtet man neben den schweren Defiziten bei Instandhaltung und Wartung, die schwindenden Fahrgastzahlen (Fahrgastschwund – Alarmierende Entwicklung bei der BOGESTRA), die Explosion des Unternehmensverlusts, die zu einem Anstieg des städtischen Zuschusses von 60 auf 90 Mio. geführt hat, sowie das jetzt schon absehbare eklatante Verfehlen der Unternehmensziele, wie der angestrebten Verdoppelung der Kundenzahlen bis 2030, so ist zu erkennen, dass die BOGEESTRA sich in einer ernsthaften Unternehmenskrise befindet, die dringend eine grundlegende Restrukturierung des Unternehmens erforderlich macht.

28 Jan

Bürgerbeteiligungsbeirat für Bochum

Um die Beteiligung an stadtpolitischen Themen zu verbessern, müssen Bürger und Bürgerinnen mit Politik und Verwaltung an einen Tisch. Nur so können Leitlinien festgelegt werden, wie die Menschen zukünftig bei städtischen (Bau-)Vorhaben mitwirken und mitentscheiden können. Dass die Verwaltung Bürgerbeteiligung so organisiert, wie ihr das am besten passt, ist zu wenig. Die STADTGESTALTER schlagen einen Bürgerbeteiligungsbeirat vor.

Im November und Dezember 2022 forderte die Stadt ihre Bürgerinnen und Bürgern auf, Vorschläge zu Straßen einzureichen, auf denen die Geschwindigkeit reduziert werden sollte. Es gingen 121 Vorschläge ein – 114 wurden abgelehnt (WAZ vom 15.01.2024). So funktioniert Bürgerbeteiligung oft in Bochum. Bürger dürfen Vorschläge machen, die Verwaltung nimmt sie zur Kenntnis, heftet sie ab und macht dann doch, was sie will.

Schlechte Bürgerbeteiligung fördert Bürgerfrust und Politikverdrossenheit

Die Bürger*innen fühlen sich übergangen und fragen sich, warum sie sich überhaupt beteiligt haben. Auf diese Weise durchgeführte Bürgerbeteiligung führt letztlich nur zu Bürgerfrust und Politikverdrossenheit. Populisten nutzen die so entstehende Stimmung aus und haben leichtes Spiel.

Mehr Bürgerbeteiligung wird auf dem Papier zwar von allen politischen Gruppierungen gefordert. In der Realität tut man sich damit in Bochum aber schwer. Das liegt insbesondere am Selbstverständnis der Parteien. So betonen zum Beispiel Oberbürgermeister sowie SPD und Grüne bei jeder Gelegenheit, dass sie diejenigen sind, die gewählt wurden, um in der Stadtpolitik zu entscheiden und die Bürger*innen, daher dort nichts zu entscheiden hätten.

Dabei wird allerdings außer Acht gelassen, dass es eigentlich das Ziel von Demokratie ist, dass die Bürger*innen möglichst viel direkt selbst entscheiden und gewählte Vertreter*innen, die für die Bürger*innen entscheiden, insbesondere deswegen erforderlich und sinnvoll sind, weil das organisatorisch am besten praktikabel ist. Da ändert aber nichts an dem demokratischen Ziel, dass da, wo direkte Entscheidungen möglich sind oder Entscheidungen unter Mitwirkungen von möglichst vielen Bürger*innen machbar sind, man dies entsprechend ermöglichen sollte.

Bürgerbeteiligung ist Sache von Politik, Verwaltung und Bürger*innen

Es ist also eigentlich Sache der Politik, sich zu überlegen, wie sie die Bürger*innen sinnvoll in die stadtpolitischen Entscheidungsprozesse einbinden kann und ihnen dort Mitwirkung ermöglicht oder welche Entscheidungen sie gegebenenfalls den Bürger*innen direkt überlässt. Allerdings verstehen sich insbesondere SPD und Grüne im Stadtrat nicht als diejenigen, die die Staatspolitik bestimmen und gestalten, sondern sehen sich als verlängerter Arm der Verwaltung. Die Verwaltung erarbeitet die Vorlagen, die bestimmen, welche Politik die Stadt verfolgt, Rot und Grün sehen ihre Aufgabe darin, diesen Vorschlägen im Stadtrat die zur Umsetzung nötige Mehrheit zu verschaffen.

Entsprechend diesem Selbstverständnis ist es in Bochum auch nicht die Politik, die vorschlägt, wie Bürgerbeteiligung zukünftig organisiert werden soll, sondern die Verwaltung (Verwaltungsvorlage: Eckpunkte der Bürgerbeteiligung der Stadt Bochum) Die Politik war nicht mal an der Erarbeitung der Verwaltungsvorlage beteiligt.

Aus Sicht der Verwaltung nachvollziehbar, will die sich möglichst unverbindliche Regelungen geben, wie sie nach Bedarf Bürgerbeteiligung organisieren kann, die sie in ihren Abläufen und Entscheidungen möglichst wenig stört, aber immer den Hinweis zulässt, man habe die Bürger*innen informiert, sie angehört und mit Ihnen gesprochen, ehe man verwaltungsintern entschieden hat, was für die Stadt das Beste ist.

Diesem Verständnis folgend hat sich die Stadtverwaltung vor der Erarbeitung der jetzt vorgelegten Eckpunkte zwar mit Bürger*innen, die sich für mehr Bürgerbeteiligung engagieren (u.a. mit Vertreter*innen des Netzwerks für bürgernahe Stadtentwicklung), in mehreren Gesprächen ausgetauscht, an der Erarbeitung der Eckpunkte beteiligt hat sie die Bürger*innen allerdings nicht. 

Zwischen 2019 und 2022 hat es einen Diskussionsprozess von diversen Gruppen und der Verwaltung um die Einführung einer erweiterten Bürgerbeteiligung gegeben. Dann aber zog sich die Stadtverwaltung aus dem Prozess zurück, um zunächst intern über das Thema zu beraten. Die jetzt vorgelegten Eckpunkte wurden dann ohne Beteiligung von Bürger*innen und Politik hinter den verschlossen Türen der Verwaltung erarbeitet. Einen weiteren Dialog mit den an dem vorherigen Diskussionsprozess Beteiligten gab es nicht („Bürgerbeteiligung“ soll plötzlich ganz schnell gehen). Nach dem Willen der Stadtverwaltung sollen die Eckpunkte in der Sitzung des Stadtrats am 01.02.2024, wie bei Beschlussvorlagen der Verwaltung in Bochum üblich, von der Rot-Grünen-Mehrheitskoalition ohne jede politische Beteiligung an der Erarbeitung durchgewunken werden.

Die STADTGESTALTER halten die Eckpunkte für zu schwammig und vage. Dass mit den Eckpunkten eine echte Verbesserung der Bürgerbeteiligung bewirkt werden kann, halten die STADTGESTALTER nicht für möglich. Um dieses Ziel zu erreichen, müssen Verwaltung, Politik und Bürger*innen gemeinsam konkrete Leitlinien erarbeiten, die verbindlich vorgeben, wie Bürgerbeteiligung in Bochum zukünftig zu organisieren ist.

STADTGESTALTER-Vorschlag: Bürgerbeteiligungsbeirat

Die STADTGESTALTER schlagen daher vor, dass der Stadtrat einen Bürgerbeteiligungsbeirat mit Vertreter*innen der Ratsfraktionen und -gruppen, der Verwaltung und ausgelosten Bürger*innen bildet, im dem gemeinsam Leitlinien für die zukünftige Bürgerbeteiligung erarbeitet werden. Ein solcher Beirat soll dann zukünftig die Leitlinien evaluieren und weiterentwickeln, erster Ansprechpartner für Bürger*innen in Sachen Bürgerbeteiligung sein und über die Organisation von Beteiligungsprozessen bei komplexen Vorhaben beraten. Was ein solcher Beirat tut und wie er funktioniert, kann man sich in Bonn anschauen, wo das Gremium bereits seit 2016 besteht (Beirat Bürger*innenbeteiligung).

Die jetzt von der Verwaltung vorgelegten Eckpunkte zur Bürgerbeteiligung können Diskussionsgrundlage bei der Erarbeitung der Leitlinien sein, mehr aber nicht. Leitlinien zur Bürgerbeteiligung müssen von Politik, Verwaltung und Bürger*innen gemeinsam erarbeitet werden. Das ist nicht ohne ein gemeinsames Gremium möglich.

Grundsätzlich sehen die STADTGESTALTER Bürgerbeteiligung als einen Prozess an. Damit Bürger*innen sich optimal und wirksam beteiligen können, muss ihr Interesse an Stadtpolitik geweckt werden und müssen sie spüren, dass ihre Beteiligung ernst genommen wird und etwas bewirkt.

Ziel sollte es sein, immer mehr Menschen zu gewinnen, die sich für die Stadt engagieren und bei stadtpolitischen Themen mitreden wollen. Stadtpolitische Themen sind allerdings teilweise sehr komplex. In solchen Fällen erfordert Mitwirkung Erfahrung und spezielles Wissen. Auch bei der Bürgerbeteiligung gibt es einen Lernprozess. Es lohnt sich also mit Beteiligungsthemen zu beginnen, die bei den Bürger*innen vor der Haustür liegen, zum Beispiel die Anwohner*innen intensiv an Neu- und Umgestaltungsprojekten von Wohnstraße und -umfeld zu beteiligen, um dann den Bürger*innen sukzessive auch bei komplexeren Entscheidungen eine Mitwirkung zu ermöglichen. Diesen Prozess sollte der Bürgerbeteiligungsbeirat aktiv unterstützen und begleiten.

Eine weitere Aufgabe des Bürgerbeteiligungsbeirats ist nach Ansicht der STADTGESTALTER, dafür Sorge zu tragen, dass für die Durchführung von Beteiligungsverfahren bevorzugt externe Büros beauftragt werden. Verwaltung und Bürger*innen verfolgen nicht selten gegensätzliche Interessen. Führt die Verwaltung die Bürgerbeteiligung durch, neigt sie dazu, das Verfahren so zu organisieren und zu steuern, dass ihre Interessen gegenüber denen der Bürger*innen durchgesetzt werden. Dem kann vorgebeugt werden, wenn ein unabhängiges Büro das Verfahren durchführt und den Anliegen und Interessen der Bürger*innen angemessen Raum und Gewicht verschafft.

Vorhabenliste und digitale Bürgerbeteiligungsplattform (bochum-mitgestalten.de)

Grundlage der Beteiligungsverfahren sollte die Vorhabenliste der Stadt sein, die Bochum auf Vorschlag von STADTGESTALTERn und FDP mittlerweile eingeführt hat (Interaktive Vorhabenliste zu Bochumer Bauprojekten kommt). Aufgabe des Bürgerbeteiligungsbeirates müsste es sein, diese Liste weiterzuentwickeln und auf sämtliche in der Stadt laufenden relevanten Vorhaben auszudehnen.

Eine deutliche Ausweitung ist auch im Hinblick auf die Nutzung der digitalen Bürgerbeteiligungsplattform bochum-mitgestalten.de nötig. Diese basiert, wie von den STADTGESTALTERn 2020 vorgeschlagen, auf dem Softwaresystem Consul (Die Bürgerbeteiligung in Bochum auf ein neues Niveau heben).

Dass allerdings auch fast ein Jahr nach dem Start der Plattform nur zwei Randthemen zur aktuellen Beteiligung angeboten werden, ist enttäuschend. Zumal bei beiden Themen (Älterwerden und Bochum App) die Beteiligung über eine Umfrage und die Möglichkeit der Abgabe von Anregungen nicht hinausgeht. Wie wenig die Verwaltung die Plattform nutzt, belegt, dass ihr Interesse an ernsthafter Bürgerbeteiligung eher gering ist. Aufgabe des Bürgerbeteiligungsbeirates sollte es somit ebenfalls sein, die Consul-Plattform zu betreuen und dafür zu sorgen, dass die Verwaltung diese zukünftig intensiv nutzt.

Die Aufgaben eines neu zu schaffenden Bürgerbeteiligungsgremiums sind also vielfältig. Eine Bürgerbeteiligung zu schaffen, die den Namen verdient und Menschen animiert sich an Stadtpolitik zu beteiligen, erscheint ohne die Schaffung des vorgeschlagenen Beirats oder eines vergleichbaren Gremiums nicht möglich. Entsprechend werden die STADTGESTALTEER zur Ratssitzung am 01.02.2024 die Einrichtung eines Bürgerbeteiligungsbeirats beantragen.

Foto Beitragsbild; Foto: Heinrich-Böll-Stiftung

14 Jan

Der letzte, der für die Stadtautobahn (NS 7) seine Wohnung verliert

Die letzten vier Wohnhäuser des Heusnerviertels, das für die Stadtautobahn (heute A448) weichen musste, sollen endlich abgerissen werden. Dem letzten Bewohner wurde von der Stadt jetzt die Zwangsräumung angekündigt. Der Endpunkt einer unrühmlichen Geschichte, von der Vernichtung von Wohnraum zugunsten einer innerstädtischen Autobahn.

Schon vor dem zweiten Weltkrieg gab es in Bochum die Idee einer Umgehungsstraße. Kaum waren die Trümmer aufgeräumt und die Schäden des zweiten Weltkriegs notdürftig beseitigt, verfolgte die Stadt den Plan weiter und beschloss schließlich den Bau einer Stadtautobahn, der heutigen A448 nebst Sheffield-Ring, damals noch NS 7 genannt (Bochumer Ring).

Die Geschichte von Stadtautobahn und Heusnerviertel

Die Idee der neuen Straße war, den Süden der Stadt besser für den Autoverkehr zu erschließen und die anliegenden Industriebetriebe für LKW besser erreichbar zu machen. Entsprechend wurde die Strecke so durch das Stadtgebiet geführt, dass für den Bau nicht etwa Gewerbegebiete weichen sollten, sondern Wohngebiete. Ursprünglich sollte die NS 7 sowohl durch Bärendorf wie das Heusnerviertel führen. Nach Protesten der Anwohner*innen konnte durch den Bau des Tunnels Rombacher Hütte zumindest der Bau der Trasse durch Bärendorf verhindert werden.

Heusnerviertel – bis 1986 vs. heute

Eine Führung der Stadtautobahn unterhalb des Heusnerviertels auf der “Westtangente” vom Tunnel Rombacher Hütte bis zur A40 kamen aufgrund der Topografie und der zusätzlichen Kosten jedoch nicht in Frage. Das Heusnerviertel konnte nicht gerettet werden. 150 Wohnungen in 40 Gebäuden wurden nach erbittertem Widerstand und einer der größten Hausbesetzungen, die Deutschland je erlebt hatte, abgerissen  (Das Heusnerviertel – Okkupation, Räumung und Abrisse im März 1986).

Um die Häuser abreißen zu können, verfolgte die Stadt, die immer gleiche Strategie, die Immobilien aufkaufen, verkommen lassen, hoffen, dass die Mieter*innen von sich aus ausziehen und dann die entmieteten Gebäude dem Erdboden gleich machen.

Als die Wohnungsnot besonders unter Studierenden neue Höhepunkte erreichte, entschloss sich die Stadt Studierende bis zum Abriss in bereits leer gezogenen Wohnungen im Heusnerviertel unterzubringen. Die Studierenden renovierten die Wohnungen und wollten nicht mehr weg, die noch übrig gebliebenen alten Bewohner*innen solidarisierten sich (Tanz auf dem Vulkan (1987)) und zum ersten Mal wurde in Bochum die Frage gestellt, was wichtiger sei, Wohnraum zu erhalten bzw. zu schaffen oder der Bau einer Stadtautobahn.

Die Stadt hielt unbeirrt sowohl an Stadtautobahn wie Trassenführung fest, Vorschläge die Führung der Straßentrasse zu ändern und das Heusnerviertel zu umgehen wurden abgelehnt, das Heusnerviertel wurde im November 1986 geräumt, abgerissen und die Stadtautobahn gebaut. Nur die Thealozzi-Schule als Kulturzentrum und vier Häuser an der Kohlenstraße blieben zunächst erhalten.

Kohlenstraße 135-145 – Die bewusste Schaffung von Schrottimmobilien

An der Kohlenstraße 135-145 verfolgte die Stadt ihr Vorgehen weiter, man ließ die Gebäude weiter verkommen und hoffte, dass auch hier die letzten Mieter*innen ausziehen. Doch die Stadt hatte die Rechnung ohne Klaus Schmitt gemacht, der Zeit seines Lebens in den Häusern wohnt und alle Hebel in Bewegung setzt, nicht ausziehen zu müssen (WAZ vom 01.12.23). Die Stadt will das Problem jetzt mit staatlicher Gewalt lösen und schickte Schmitt den Räumungsbefehl. Die Gebäude, mittlerweile als Schrottimmobilien zu bezeichnen, sollen einem “Gewerbegebet” weichen.

Kohlenstraße 135 -145 – Lage (Foto: Google Maps)

Die Westtangente – eine Fehlplanung

Im Ergebnis stellte sich mindestens die Trassenführung der Westtangente als Fehlplanung heraus. Aufgrund des fehlenden Anschlusses der Stadtautobahn an die Essener Straße erhöhte sich der Verkehr auf der Kohlenstraße erheblich, die Industriebetriebe legten ihren Gleisanschluss still und verlagerten die Anlieferung und Abholung auf die Straße. Wohngebiete an der Stadtautobahn verzeichneten deutliche Wertminderungen. 150 Wohnungen wurden dem Wohnungsmarkt entzogen. Um den fehlenden Anschluss an die Essener Straße zu schaffen und die Kohlenstraße im Süden von Goldhamme in Stahlhausen zu entlasten, soll nun auch noch die angrenzende Kleingartenanlage einer Autobahnzufahrt weichen. Der Kreisverkehr, an dem Kohlen-, Heusner- sowie Erzstraße und Obere Stahlindustrie zusammen kommen, ist ein Unfallschwerpunkt.

Dazu zeigt dieses Beispiel Wohnraum in öffentlicher Hand ist keine Alternative zu der in privater Hand. Denn die Stadt und kein privater Investor war es, die den Wohnraum abriss, die Gebäude verkommen ließ, Schrottimmobilien schuf und die Gebäude entmietete. Die Stadt baute eine Stadtautobahn und damit eine Schneise durch die Stadt, an der Menschen aufgrund Lärm- und Feinstaubbelastung im Abstand von 300 Metern besser nicht wohnen sollten.

Wohngebäude an der Kohlenstraße haben keine Zukunft

Die durch die Stadtautobahn geschaffene Situation wird jetzt auch den verbliebenen Häusern an der Kohlenstraße zum Verhängnis. So nah an der Autobahn, wie die Häuser stehen, sollte niemand wohnen. In einer Zone 40 Meter links und recht von Autobahnen (Anbauverbotszone) ist der Neubau von Wohnhäusern verboten. Bestehende Wohnhäuser in dieser Zone dürfen weder an- noch substanziell umgebaut werden. In einem Abstand bis zu 100 Metern zu einer Autobahn bedarf jede bauliche Veränderung der Zustimmung durch die Straßenbaubehörden. Das Gebäude Kohlenstraße 135 liegt in der direkten Anbauverbotszone, weniger als 40 Meter vom Rand der A448 entfernt, die Gebäude 137 bis 145 nur wenige Meter außerhalb, aber noch in der 100-Meter-Zone.

Die nötige Kernsanierung und Modernisierung der Gebäude ohne substanziellen Um- und Anbau dürfte nur sehr schwer möglich sein. Mit dem Bau der Stadtautobahn hat die Stadt das Wohnen und Wohnhäuser an dieser Stelle in der Stadt eigentlich unmöglich gemacht. Der Wunsch hier Wohnraum zu erhalten bzw. neu zu schaffen ist verständlich, die Rahmenbedingungen aber denkbar schlecht.

Zwangsräumung einstellen

Klaus Schmitt wird voraussichtlich der letzte sein, der durch die unrühmliche Politik von Stadt und der SPD, die den Bau der Westtangente und die damit verbundene Entmietung gegen alle Widerstände unbeirrt vorangetrieben haben, seine Wohnung verliert, in der er seit über 73 Jahren wohnt. Die Stadt mag aus rein juristischer Sicht das Recht haben, Klaus Schmitt zwangs zu räumen, moralisch höchst fragwürdig bleibt das Vorgehen, mit dem die Stadt versucht hat, ihn zum Auszug zu bewegen.

Die Häuser an der Kohlenstraße, werden als Wohngebäude so nah an der Autobahn realistisch leider langfristige keine Zukunft haben. Eine Notwendigkeit den Abriss der vier Häuser an der Kohlenstraße zu forcieren, besteht allerdings auch nicht. Stadt und SPD sollten zu ihren Fehlern stehen, die selbst geschaffene Situation hinnehmen und die Bemühungen zur Zwangsräumung einstellen.

24 Dez

Führungswechsel – Werden die Stadtwerke die Energiewende jetzt ernsthaft vorantreiben?

Stadtwerke-Chef und Trianel-Aufsichtsratsvorsitzender Dietmar Spohn geht zum Ende des Jahres in den Ruhestand. Zum Abschied gibt er der WAZ ein Interview, in dem sich zeigt, wie sehr er noch immer im fossilen Denken vergangener Zeiten gefangen ist. Und warum die Stadtwerke hunderte Mio. mit Kohle verbrannt und nicht in erneuerbare Energie investiert haben. Wird sich das mit der neuen Geschäftsführerin ändern?

2005 wird der ehemalige VEW bzw. RWE-Mann Spohn technischer Geschäftsführer der Stadtwerke. Zunächst an der Seite von Bernd Wilmert (SPD). Nach dessen Abtritt wird er selbst Sprecher der Geschäftsführung, an seine Seite rückt als kaufmännischer Geschäftsführer Frank Thiel.

Die Ära Spohn prägen misslungene Finanzabenteuer

Die Ära Spohn prägen besonders die misslungenen Kohle-Finanzabenteuer der Stadtwerke: Der Fehlkauf des Kohlekonzerns STEAG und die Fehlinvestitionen in die Kohlekraftwerke Hamm-Uentrop und Lünen (Kraftwerk Lünen könnte 50-70 Mio. Verlust bringen). Auch derhalbherzige Versuche mit dem Zukauf von Wind- und Solarparks, den Anschein zu erwecken, man setze verstärkt auf erneuerbare Energien, begann vor der Küste Borkums mit einem Finanzdebakel (Ein Darlehen für 18,5% – Bochumer Fehlinvestitionen in Kohle und Wind).

Immerhin versuchte Spohn in den letzten Jahren seiner Amtszeit den STEAG-Konzern wieder loszuwerden. Der Verkauf wird hoffentlich in Kürze endgültig abgeschlossen. Für die Stadtwerke wurde dabei die durch den Ukraine–Krieg verursachte Energiekrise zum unerwarteten Glücksfall. Auf Kosten der Energieverbraucher*innen konnte die STEAG mit ihren überholten fossilen Kohlekraftwerken als Krisengewinner 2022 gute Gewinne verbuchen. So werden die Stadtwerke beim Verkauf der STEAG voraussichtlich sogar noch einen Verkaufserlös in beträchtlicher Höhe erzielen. Mit mehr Glück als Verstand sind die Stadtwerke dem drohenden Finanzdesaster gerade noch entgangen.

Das fossile Denken des Dietmar Spohn

Angesichts der wissenschaftlichen Erkenntnisse in Sachen Klimawandel und der weltweiten Klimapolitik seit Ende der 90er-Jahre erscheinen die Kohleinvestition der Bochumer Stadtwerke völlig absurd. 1997 beschließt im Kyoto-Protokoll die Staatengemeinschaft erstmals eine völkerrechtlich verbindliche Grenze für den Ausstoß von Treibhausgasen, Die Bundesregierung unter Kanzler Schröder bringt 1998 bis 2005 den Beginn der Energiewende auf den Weg. 2015 wird im Pariser-Abkommen das 1,5-Grad-Ziel vereinbart, die Klimaschutzkonzepte der Stadt von 2009 und 2014 sehen eine deutliche Reduzierung der Treibhausgase vor. Spätestens seit Ender der 90er-Jahre war also das Ende der Kohleverstromung absehbar und hätte der schrittweise Ausstieg aus der Kohle auch von den Stadtwerken eingeplant und vorangetrieben werden müssen, stattdessen gaben die Stadtwerke hunderte Millionen für neue Kohlekraftwerke und die Fortsetzung der Kohleverstromung aus.

Es stellt sich die Frage, wie konnte es zu den genannten Fehlentscheidungen kommen? War Spohn als maßgeblichem Entscheider bei den Stadtwerken wie der Trianel die bevorstehende Entwicklung der Energiewirtschaft nicht bewusst? Waren die wissenschaftlichen Erkenntnisse und politischen Entscheidungen der Weltgemeinschaft zum Klimawandel für ihn kein Entscheidungskriterium?

Spohn: Die Politik ist schuld

Spohn sieht die Verantwortung nicht bei sich, im WAZ-Interview (WAZ vom 13.12.23) erklärt er: “Vor nicht allzu langer Zeit sind wir noch ermutigt worden, in Kohlekraftwerke zu investieren.” Welche Ermutigungen, von wem er meint, führt er leider nicht aus. Die Schuld für die anachronistische Kohlepolitik der Stadtwerke schiebt er auf die Politik.

Es war allerdings nicht die Idee der Politik in Kohlekraftwerke oder die STEAG zu investieren, sondern die von Bernd Willmert und seinem Co-Geschäftsführer Spohn. Man dachte, mit den Investitionen schnelles Geld machen zu können. Klimaschutz und Energiesicherheit spielten dabei keine Rolle. Die “Energieszene”, der sich Spohn gemäß Interview zugehörig fühlt, hielt trotz aller politischen Entscheidung zum Klimaschutz unbeirrt an der Verbrennung fossiler Energieträger als lukratives Geschäftsmodell fest. Nach fossiler Denkweise war keine Energieversorgung auf Basis erneuerbarer Energieträger möglich. Überall versuchte man die Energiewende aufzuhalten und wirkte ihr mit aller Macht entgegen.

Die von Spohn im Interview herbei geredeten Kurswechsel in der Energiepolitik gab es so nicht. Der Atomausstieg bis 2019 wurde bereits im Jahr 2002 beschossen. Die Verlängerung der Laufzeiten um weitere 17 Jahre 2010 und deren Rücknahme ein Jahr später, änderten daran nichts. Dass mit der Erreichung des 1,5-Grad-Ziels, ein Kohleausstieg bis 2030, spätestens 2040 verbunden sein würde, war mathematisch ausrechenbar und jedem bewusst, außer man wollte es nicht wahrhaben.

Die Ziele und was der Weg dahin bedeuten würde, waren immer klar. Allerdings haben die Stadtwerke, Wilmert, Spohn und Co., nie ernsthaft an deren Erreichung gearbeitet, sondern im Gegenteil alles dafür getan, die Energiewende auszubremsen und am fossilen Zeitalter so lange wie möglich festzuhalten.

Dass die Energiewende in Bochum immer noch am Anfang steht, liegt allein an der Geschäftsführung der Stadtwerke-Chefs sowie des politischen Aufsichtsrats, der mehrheitlich jederzeit willig abnickte, was die Geschäftsführung an fossilen Investitionen vorschlug. Mit wenigen Ausnahmen war und ist man der Aufgabe im Aufsichtsrat der Stadtwerkegesellschaften nicht gewachsen. Den meisten Mitglieder*innen fehlt jedes Grundverständnis von Energiepolitik und der entsprechenden volkswirtschaftlichen Zusammenhänge. In bespielloser Naivität war und ist man der Meinung die Geschäftsführung wüsste schon, was sie tut. Das von Spohn im Interview beklagte “Hin und Her der Politik”, das es der Geschäftsführung der Stadtwerke schwer gemacht habe, gab es nicht, schon gar nicht in der Lokalpolitik. Vielmehr traf die Geschäftsführung, weil man die absehbare Entwicklung der Energiewirtschaft nicht wahrhaben wollte, eine Fehlentscheidung nach der anderen.

Auch 2023 noch vertritt Spohn die Interessen der Fossil-Lobby

Vorausschauendes, weitsichtiges Handeln, war nie Spohns Sache. Es ging immer nur um kurzfristige Renditen und das Abgreifen von Subventionen wie Fördergeldern. Dass Spohn auch 2023 immer noch in seinen fossilen Denkmustern gefangen ist, zeigt sich an der Aussage “Wenn nicht wirklich schnell der Bau neuer Gaskraftwerke auf den Weg gebracht wird, ist der politisch gewünschte Kohleausstieg im Jahr 2030 nicht zu schaffen.” Alternative Lösungen wie das Vorhalten von grundlastfähigen Kraftwerken, die mit erneuerbaren Energien betrieben werden (z.B. Biomassekraftwerke, Geothermiekraftwerke, Wasserkraftwerke und Solarthermiekraftwerke mit Wärmespeicher); der Ausbau von Stromspeichern sowie der Stromnetze zur weiträumigen Vernetzung von Regionen mit unterschiedlichen Wetterbedingungen, die Sektorenkopplung, der Einsatz von Energiespeichern sowie die Flexibilisierung von Verbrauchern, beispielsweise mit Smart Grids, kommen in der fossilen Welt des Dietmar Spohn nicht vor. Obwohl noch gar nicht klar ist, welche Kraftwerkskapazitäten für Dunkelflauten überhaupt erforderlich sind, wenn zeitweise kein Wind weht und keine Sonne scheint, sieht Spohn nur die schnelle fossile Lösung, die natürlich von der Politik großzügig subventioniert werden soll.

Wohl nicht ganz zufällig, übt die Kraftwerkssparte der RWE, RWE Generation, bei der Spohn auch zukünftig im Aufsichtsrat sitzen wird, gerade erheblichen Subventionsdruck auf den Bund für die Errichtung zumindest auf dem Papier wasserstofffähiger Gaskraftwerke an ihren Standorten aus. (Energie und Management von 28.07.23). Der Vorgang zeigt, Spohn stand und steht ganz fest auf der Seite der fossilen Energielobby.

Versäumte Transformation wird schweres Erbe sein

Das Erbe von Spohn und seines ehemaligen Kollegen Wilmert in der Geschäftsführung wird ein schweres sein. Für die über Jahrzehnte versäumte Transformation stehen jetzt nur noch 12 Jahre zur Verfügung. 2035 will Bochum klimaneutral sein. Bis dahin soll sowohl die gesamte Strom- wie Wärmeerzeugung auf erneuerbare, Treibhausgas freie Energieträger umgestellt werden.

Insbesondere bei der Wärmeplanung zeigt sich, dass die Erreichung des Klimaziels aufgrund der bisherigen Ausrichtungen auf fossile Energieträger, unmöglich sein dürfte.

Beispiel Fernwärme: Bisher werden 26.200 Haushalte in Bochum mit Fernwärme versorgt. Stadt und Stadtwerke streben bis 2035 eine Verdoppelung an. Jedoch wird die Fernwärme bisher ganz überwiegend fossil erzeugt. 45% des Bedarfs decken die Stadtwerke mit eigenen Gas- und Dampfkraftwerken in Hiltrop, an der RUB (Unique) und der ehemaligen Deponie Kornharpen. Die restlichen 55% der Fernwärme kommen aus dem Fernwärmenetz von Uniper, das über das Steinkohlekraftwerk Datteln 4 mit Wärme versorgt wird. Das bedeutet, über 90% der Fernwärme werden fossil erzeugt, nur knapp 10% der Haushalte können mit der aus Deponiegas gewonnen Wärme versorgt werden.

Wenn 2030 das Kraftwerk in Datteln aufgrund des beabsichtigen vorgezogen Kohleausstieg wegfällt und 2035 aufgrund des Klimaschutzzieles auch die Gaskraftwerke die Verbrennung stoppen müssen, fehlt nach bisheriger Beschlusslage und Planung jede Alternative, wie die Wärme mittels erneuerbarer Energieträger erzeugt werden könnte. Stadtwerke und die im Stadtrat regierende Koalition von SPD und Grünen haben bisher den schnellen Aufbau von entsprechenden erneuerbaren Energiekapazitäten abgelehnt, Obwohl die Zeit drängt, weigert man sich bisher beharrlich die Wärmerzeugung aus Grubenwasser, Abwasser, Flusswärme, Agrothermie und Biogas auf den Weg zu bringen, zuletzt in der Ratssitzung im August 2023.

Spiel auf Zeit – Fernwärme aus Gas

Stadtwerke und Politik spielen auf Zeit. Man sitzt die Sache so lange aus, bis der Bau neuer Gaskraftwerke als Ersatz für die Kohleverstromung unumgänglich wird. Die wird man den Bürger*innen voraussichtlich als klimafreundlich, weil theoretisch mit Wasserstoff betreibbar, verkaufen.

Doch bekannt ist schon heute, nur wenn alle gut läuft, wird Bochum bis 2032 an das Wasserstoffnetz angeschlossen sein. Und selbst dann ist nicht davon auszugehen, dass bis 2032 ausreichend grüner Wasserstoff vorhanden ist, um die Gaskraftwerke umzustellen. Elektrolyseanlagen zur Herstellung von grünem Wasserstoff gibt es bis heute nur im Versuchsstadium.

Zudem sollen gemäß Wasserstoffstrategie der Bundesregierung 70% des Wasserstoffs aus dem Ausland importiert werden. Allerdings gibt es bisher weder Länder, die Wasserstoff industriell herstellen, schon gar nicht welche, die diesen exportieren. Zudem ist offen, wie der Wasserstoff nach Deutschland transportiert werden soll. 2035 wird es also weder genug Wasserstoff geben, um damit Fernwärme zu erzeugen, noch wird der verfügbare Wasserstoff aufgrund seiner Knappheit bezahlbar und damit ökonomisch zur Wärmeerzeugung sinnvoll nutzbar sein.

Auch eine geothermische Erzeugung der Wärme wird bis 2035 nicht möglich. Immerhin hat die Rot-Grüne Rathauskoalition 4 Jahre nachdem die STADTGESTALTER Gleiches bereits gemeinsam mit der FDP vorgeschlagen hatten (Masterplan für (Tiefen-)Geothermie in Bochum und dem Ruhrgebiet)., den Weg für die Erschließung von Tiefengeothermie frei gemacht, Aber auch das wird zu spät sein, wertvolle Zeit wurde verschwendet. Auch diese Technologie befindet sich noch im Versuchsstadium. Es gibt bisher nur Forschungsprojekte (Erdwärme – Bochums Energie der Zukunft). Zunächst ist zudem zu untersuchen, ob und wo im Stadtgebiet Tiefenwärme überhaupt angezapft werden kann. Dass bis 2035 eine Geothermieanlage bereitsteht, die nennenswert Fernwärme erzeugt, ist also ebenfalls unrealistisch.

Letztlich läuft alles darauf hinaus, dass in Bochum die Fernwärme auch noch weit über das Jahr 2035 zu einem großen Teil fossil mit klimaschädlichem LNG-Gas erzeugt wird.

Einseitige Ausrichtung auf fossile Energieträger wird noch teuer werden

Die einseitige strategische Ausrichtung der Stadtwerke auf fossile Energieträger die Dietmar Spohn und Bernd Wilmert über Jahrzehnte betrieben haben, wird für die Stadt noch teuer werden. Die rechtzeitige Transformation wurde verpasst (Stadtwerke müssen auf Klimakurs gebracht werden), sie jetzt im Hauruckverfahren durchzuziehen, würde bedeuten die in den letzten Jahren verpassten Investitionen in wenigen Jahren nachzuholen. Das werden Stadtwerke und Stadt kaum leisten können.

Am Ende wird man den Zeitpunkt, an dem die Stadtwerke klimaneutral werden sollen, deutlich nach hinten verschieben müssen. Ein Zeitpunkt vor 2045 wird kaum realistisch sein. Verantwortlich für die Verfehlung des selbst gesetzten Ziels um mindestens ein Jahrzehnt wird die fossile Denkweise der bisherigen Geschäftsführer sein und die Tatenlosigkeit des Aufsichtsrats, der in seiner Mehrheit ambitionslos bis naiv die fossile Energiepolitik der Geschäftsführung immer mitgetragen und unterstützt hat.

Titelbild: HanssPeter

11 Dez

Fragwürdige Methoden der Schulaufsicht um Eltern, Lehrkräfte und Schulen auf Linie zu bringen

Eine Schulkonferenz entscheidet nicht so, wie Schulträger und Schulaufsicht das gerne hätten, also wird der Schulleitung gedroht und sie eingeschüchtert. Eine inakzeptable und rechtsmissbräuchliche Vorgehensweise.

Das höchste Entscheidungsgremium jeder Schule ist die Schulkonferenz. Dieses Gremium trifft u.a. Beschlüsse über die Ziele der Schule, mit welchen Methoden unterrichtet wird, mit welchen Einrichtungen die Schule kooperiert, wer Träger des Offenen Ganztags wird oder wie die Schule zum Schulentwicklungsplan steht.

Eigenverantwortliche Schule und Rolle der Schulkonferenz

Das Gremium ist paritätisch mit Eltern und Lehrer*innen besetzt. An höheren Schulen kommen Vertreter*innen der Schüler*innen hinzu. In NRW gilt das Leitbild der Eigenverantwortlichen Schule. Diese soll selbst und eigenverantwortlich über ihre Belange entscheiden und sich eigenverantwortlich nach ihren Bedürfnissen und Belangen organisieren (Eigenverantwortliche Schule, Ministerium für Schule und Bildung NRW). Vorsitzendes Mitglied der Schulkonferenz ist der Schuleiter bzw. die Schulleiterin. Diese besitzen kein Stimmrecht, außer bei Stimmengleichheit.

Die Mitglieder der Schulkonferenz sind bei der Ausübung ihres Mandats an Aufträge und Weisungen nicht gebunden, so steht es ausdrücklich im Schulgesetz (§ 62 (5) SchulG-NRW). Daraus folgt, Schulträger (Stadt Bochum) wie Schulaufsicht können und dürfen den Mitgliedern der Konferenz keinerlei Vorgaben machen. Die Schulkonferenz ist ein in jeder Hinsicht unabhängiges Gremium, das alle Entscheidungen selbständig und eigenverantwortlich trifft. Die Mitglieder entscheiden dabei allein aufgrund ihrer persönlichen Ansicht.

Schulträger und Schulaufsicht sind also nicht berechtigt die Schulkonferenz zu Beschlüssen in ihrem Sinne anzuweisen. Beide dürfen jedoch an Konferenzen teilnehmen und dort ihre Ansichten äußern. Der Schulträger darf zudem in der Konferenz Anträge stellen. An Abstimmungen dürfen beide hingegen nicht teilnehmen.

Gesetzliche Aufgabe und Leitbild der Schulaufsichtsbehörden

Das Schulgesetz verpflichtet die Schulaufsichtsbehörden, die Schulen in ihrer Selbstständigkeit und Eigenverantwortung zu beraten und zu unterstützen (§3 (1) SchulG-NRW). Ihre Aufgabe ist nicht, Entscheidungen für die Schule zu treffen. In diesem Sinne hat sich die Schulaufsicht in NRW auch ein entsprechendes Leitbild gegeben (Selbstverständnis, Rolle und Verantwortung der Schulaufsicht in Nordrhein-Westfalen).

Vermitteln Leitbild und die Regelungen des Schulgesetzes den Anschein die Schulaufsicht würde sich in der Rolle sehen, Schule und Schulleitung in ihren eigenverantwortlichen Entscheidungen zu unterstützen, sieht die Realität doch ganz anders aus:

Rechtsmissbräuchliches Verhalten der Schulaufsicht

Treffen Lehrer*innen, Eltern und ggf. Schüler*innen in der Schulkonferenz eine Entscheidung im Sinne der Schule, die der Schulverwaltung nicht passt, etwa, weil sie dem Schulentwicklungsplan oder dem Verfahren zur Auswahl eines OGS-Trägers nicht zustimmt, tritt die Schulaufsicht auf den Plan und versucht ohne Rechtsgrundlage die Entscheidung der Schulkonferenz auszuhebeln. Auf die Schulleitung wird Druck ausgeübt. Diese habe dafür zu sorgen, dass die Schulkonferenz im Sinne des Schulträgers entscheide. Die Eltern seien auf Linie zu bringen. Der Vorwurf lautet, die Schulleitung habe die Eltern nicht im Griff.

Es wird mit dienstrechtlichen Konsequenzen gedroht, wenn die Schulleitung die Schulkonferenz nicht davon überzeugt im Sinne des Schulträgers abzustimmen. Schulleitungen werden mit permanenten Einbestellungen ins Amt und Telefonanrufen eingeschüchtert. Fordert die betroffene Schulleitung die Schulaufsicht auf, die mündlich gemachten Ausführungen schriftlich zu machen, geschieht in dieser Hinsicht allerdings nichts.

Der Missbrauch des Beanstandungsrechts

Schließlich gipfelt die Einflussnahme auf Beschlüsse der Schulkonferenz darin, dass die Schulaufsicht mit allen Mitteln versucht, die Schulleitung zu zwingen, unliebsame Beschlüsse der Konferenz zu beanstanden, auch wenn Rechtsgründe dafür nicht ersichtlich sind und Rechtsprechung einer solchen Beanstandung offensichtlich entgegensteht (§ 59 (10) SchulG-NRW). Mit dieser Vorgehensweise umgeht die Schulaufsicht die Gesetzeslage, denn sie selbst besitzt kein Recht Beschlüsse der Schulkonferenz zu beanstanden. Dieses Recht steht allein der Schulleitung für den Fall zu, dass Beschlüsse tatsächlich gegen Rechts- oder Verwaltungsvorschriften verstoßen. Also weist die Schulaufsicht die Schulleitung an, den unliebsamen Beschluss zu beanstanden, denn hält die Konferenz trotz Beanstandung an dem Beschluss fest, darf die Schulaufsicht selbst an Stelle der Konferenz entscheiden.

Bereits das Ansinnen der Schulaufsicht die Schulleitung anzuweisen zu können, einen Beschluss der Schulkonferenz zu beanstanden, obwohl auch die Schulleitung als Mitglied der Schulkonferenz an Aufträge und Weisungen nicht gebunden ist (§ 62 SchulG-NRW) erscheint rechtsmissbräuchlich. Wenn die Schulleitung keinen Grund zur Beanstandung sieht, diese trotzdem anweisen zu wollen, dass diese auch ohne Grund den Beschluss beanstanden soll, ist rechtsmissbräuchlich.

Auch das Mittel der Dienstanweisungen zu nutzen, um sich indirekt das nicht vorhandene Recht zu verschaffen, Beschlüsse der unabhängigen Schulkonferenz zu beanstanden und damit durch eigene Entscheidungen ersetzen zu können, zeugt von einem Selbstverständnis der Schulaufsicht, das in jeder Hinsicht der Gesetzeslage wie dem Leitbild des Schulministeriums widerspricht.

Falsches Selbstverständnis der Schulaufsicht

Die Schulaufsichtsbehörden sehen offensichtlich nicht in der Unterstützung und Beratung der Schulen ihre Aufgabe, sondern meinen, sie müssten die Schulkonferenzen bevormunden. Nach Ansicht der Schulaufsicht hat die Konferenz nur zu tun, was sie selbst oder der Schulträger vorgeben bzw. vorschreiben. Der Mitwirkung von Eltern, Lehrer*innen und Schüler*innen bei schulorganisatorischen Angelegenheiten wird allein symbolische Bedeutung zugebilligt. Die Schulkonferenz darf die Entscheidungen des Schulträgers huldvoll abnicken, Widerspruch ist nicht erwünscht und hat daher zu unterbleiben. Der Schulleitung wird vermittelt, es sei ihre Aufgabe, sicher zu stellen, dass sich die Schulkonferenz mit dieser rein symbolischen Rolle abfindet und bitte eigenständige Entscheidung unterlässt.

Damit hängt die Schulaufsicht einer Auffassung von Mitwirkung aus dem 19. Jahrhundert nach. So hält sie es sogar für gerechtfertigt, um die Schulkonferenz auf Linie zu bringen, der Schulleitung zu drohen und diese einzuschüchtern. Dabei sollte die Anwendung solcher Methoden nach Zusammenbruch der DDR in Deutschland eigentlich Geschichte sein.

Dem Schulträger steht der Rechtsweg offen

Sind Beschlüsse der Schulkonferenz tatsächlich rechtwidrig, steht dem Schulträger der Rechtsweg offen. Die Aufhebung eines Beschlusses kann vor dem Verwaltungsgericht eingeklagt werden. Dann entscheidet das Gericht, ob der entsprechende Beschluss wirksam ist oder aufgehoben werden muss.

Statt den Rechtsweg zu bestreiten die Schulaufsicht zu bemühen, damit sie über Drohungen und Einschüchterung die Schulleitung zwingt, entgegen ihrer Ansicht, Beschlüsse zu beanstanden, um diese selbst treffen zu können, zeigt, dass man sich wenig Chancen ausrechnet, dass das Gericht entsprechende Beschlüsse der Schulkonferenz für rechtswidrig erklärt und aufhebt.

Die Schulaufsicht zu missbrauchen, um unliebsame Beschlüsse der Schulkonferenz auf die beschriebene Weise aus der Welt zu schaffen, ist nicht nur der falsche Weg, sondern auch erkennbar rechtswidrig. Die Schulkonferenz ist ein unabhängiges Gremium, dass an Anweisungen nicht gebunden ist. Das gilt für alle Mitglieder, auch für den vorsitzenden Schulleiter bzw. die vorsitzende Schulleiterin. Die Unabhängigkeit der Schulkonferenz ist von Schulaufsicht und Schulträger zu respektieren.

Die STADTGESTALTER haben die Methoden der Schulaufsicht mit großem Erstaunen und Bestürzung zur Kenntnis genommen. Bei der obersten Schulaufsichtsbehörde, dem Ministerium für Schule und Bildung NRW, wurde angefragt, ob dieses Vorgehensweise toleriert wird und gebeten die Schulaufsicht auf die bestehende Rechtslage und das bestehende Leitbild hinzuweisen.

Die STADTGESTALTER gehen davon aus, dass die Schulaufsicht zukünftig jeden Versuch Schulleitungen zu drohen oder diese einzuschüchtern unterlässt, um unliebsame Beschlüsse der Schulkonferenz aufheben zu lassen. Sollte ein Beschluss tatsächlich rechtswidrig sein, kann dieser über den Rechtsweg angefochten werden. Ein anderer Weg ist nicht zulässig.

06 Dez

Baustellen besser organisieren, Vorbild Japan

Die Menschen in Bochum sind von Baustellen zunehmend genervt. Oft sind sie nicht gut organisiert und die Stadt achtet zu wenig darauf, dass die Stadtbewohner*innen möglichst wenig behindert werden. Das geht viel besser. In Japan kann man erleben, was möglich ist.

Viele Baustellen in einer Stadt sind eigentlich ein gutes Zeichen. Sie zeigen, dass Städte sich verändern und modernisiert werden, also Unternehmen wie Menschen, in die Stadt investieren. Städte, die sich bereit machen für die Zukunft, erkennt man an vielen Baustellen (Mehr Baustellen für Bochum).

Schlecht organisierte Baustellen sind ein Ärgernis

Gefühlt gibt es in Bochum endlos viele Baustellen, die ewig dauern, für Sperrungen von Straßen sorgen oder über Monate bis Jahre den Verkehr behindern. Auffällig lang dauern solche Einschränkungen besonders auf Geh- und Radwegen. Dabei gibt es m Vergleich zu anderen Städten es in Bochum gar nicht mehr Baustellen, aufgrund von Dauer und Grad der Verkehrsbehinderung, fallen sie allerdings besonders auf.

Schaut man nach Japan, wo Platz aufgrund der erheblich höheren Bevölkerungsdichte viel knapper ist, als etwa im Ruhrgebiet, wundert es, dass Baustellen dort kaum aufallen. Das liegt besonders daran, dass japanische Baustellen fast immer am Gehweg enden, sie behindern den Fußverkehr nicht, und es undenkbar ist, dass Baustellenfahrzeuge im Umkreis der Baustelle am Straßenrand abgestellt werden.

Besonderheiten japanischer Baustellen

Eine japanische Baustelle beschränkt sich auf den Raum, den der Bauplatz bietet.

Baustellen in Japan

In Bochum erlaubt die Stadt den Bauunternehmen sogar wie beispielsweise an der Baustelle Wielandstraße, die Baucontainer in die angrenzende öffentliche
Grünanlage, die Schmechtingwiese, zu stellen und dort Baumaterial zu lagern. Auch die Baustelle des Husemann Karrees erstreckte sich selbstverständlich auch auf die Viktoriastraße. Selbst für den Bau eines Wohnhauses durfte der Baustellenbetreibende an der Agnesstraße über Jahre den Gehweg sperren, während die Schulkinder der Gesamtschule auf die Straße verwiesen wurden.

In Japan endet jede private Baustelle an der Gehwegekante. Die Aus- und Einfahrt auf die Baustelle wird von speziellen Aufsichtskräften gemanagt. Die Anlieferung der Baustellen erfolgt just–in-time. Material wird erst angefahren, wenn es benötigt wird. Kommt der LKW, werden vom Baustellenpersonal die Tore der Einfahrt zur Baustelle geöffnet, kurz der Fußverkehr auf dem Gehweg gestoppt. Das Fahrzeug fährt hinter die hohen hellgrauen Wände, die jede Baustelle umschließen, auf die Baustelle und wird dort entladen. Die Belästigung für Menschen auf Geh- Radweg und Straße beträgt nur Sekunden. Die gesamte Abladung findet auf dem Bauplatz statt. Dort wird immer nur so viel Gerät und Material gelagert wie gebraucht wird. Beim Ausfahren des LKW das gleiche Spiel: die Bauplatztore werden geöffnet, Fuß- und Straßenverkehr werden für einen kurzen Moment angehalten, damit der LKW bequem ausfahren kann.

Baustellenpersonal Japan

An lärmintensiven Baustellen wird in Japan der Lärm gemessen. Die Lärmmessgeräte hängen für alle sichtbar neben der Baustelleneinfahrt. So sehen alle Passanten, ob die Lärmgrenzwerte eingehalten werden.

Auch die Sanierung von Leitungen, Straßen und Plätzen organisiert man in Japan anders. Es wird nicht wie an Hattinger-, Alleestraße oder Husemannplatz die gesamte öffentliche Fläche in eine Bauwüste verwandelt, sondern in Sektionen nur immer so viel Fläche als Baustelle ausgewiesen, wie Tag für Tag bearbeitet werden kann.

Wird auf dem Gehweg oder einer Fußgängerzone z.B. eine Wasserleitung neu verlegt, wird zu Tagesbeginn ein 20-30 Meter langer Graben ausgehoben, Die dabei anfallende Erde wird auf Klein-LKW geladen, die sie zunächst abtransportieren, anschließend wird die Leitung neu gelegt. Die LKW mit dem Aushub kommen zurück, der Graben wird wieder verfüllt und die Fläche danach asphaltiert. Am Abend ist von der Baustelle nichts mehr zu sehen. So werden jeden Tag 20-30 Meter Leitung getauscht.

Nachdem die Leitungsverlegungsarbeiten abgeschlossen sind, wird der Asphalt wieder aufgenommen und durch neues Pflaster ersetzt. Auch hier wird jeden Tag nur so viel Asphaltfläche aufgenommen wie neu gepflastert werden kann. Am Ende des Arbeitstages ist keine Baustelle mehr zu sehen. So lange die Baustelle läuft, leitet das Baustellenpersonal den Verkehr an der Baustelle vorbei. Das geschieht mit japanischer Höflichkeit, man bedankt sich für die Geduld, weil man für den anfahrenden LKW warten musste, man entschuldigt sich pflichtschuldigst für die Unannehmlichkeiten, die eine Baustelle verursacht.

Japanisches Baustellenorganisation

In Japan ist man sich mehr als bei uns bewusst, dass jede Baustelle für die Stadtbewohner*innen ein Ärgernis darstellt, also ist das oberste Ziel des japanischen Baustellenmanagements, die verursachten Störungen möglichst gering zu halten. Die Baustelle hat sich nach den Bedürfnissen der Menschen zu richten, die sie belästigen, nicht die Menschen nach der Baustelle, weil dort keine Bereitschaft besteht, diese platzsparend und möglichst wenig belästigend zu organisieren.

Aus dieser Zielvorstellung ergeben sich verschiedenste Maßnahmen, die für die Baustellenorganisation in Japan typisch sind:

  • Jede Baustelle wird nach dem Just-in-time-Prinzip organisiert. Auf der Baustelle ist nur das Material, die Fahrzeuge und Werkzeuge vorhanden, die gerade benötigt werden. Alles kommt, wenn es gebraucht wird, und verlässt die Baustelle sofort wieder, wenn das nicht mehr der Fall ist. Gelagert wird auf Baustellen nur das unbedingt Nötige.
  • Läuft die Baustelle, steht vor der Baustelle freundliches zuvorkommendes und entsprechend ausgebildetes Aufsichts- und Sicherheitspersonal, das den Ein- und Ausfahrtsverkehr organisiert, mit den Passanten kommuniziert, und Baustellenseiten überwacht, die dem öffentlichen Raum zugewandt sind.
  • Baufahrzeuge, Material oder Baucontainer dürfen nicht im öffentlichen Raum auf der Straße oder auf Gehwegen abgestellt werden. Dafür gibt es nur in absoluten Sonderfällen Ausnahmegenehmigungen. Es gilt das Grundprinzip, wer baut, organisiert seine Baustelle auf dem vorhandenen Bauplatz.
  • Baustellen auf nicht öffentlich zugänglichen Grundstücken werden zum öffentlichen Rauzaun mit meterhohen geschlossenen Bauzäunen abgesperrt, um zu verhindern, dass Baumaterial auf die öffentlichen Wege gelangt. Im Extremfall wird sogar das ganze Gebäude eingehaust.
  • Zu jedem Arbeitsbeginn wird ein aktualisierter Tagesplan mit den an der Baustellenorganisation beteiligten Personen besprochen, der darlegt, welche Arbeiten, Ein.- und Ausfahrten, wann am Tag geplant sind, worauf besonders zu achten ist und wer für was zuständig sein wird.
  • Straßenbaustellen wandern. Jeden Tag wird nur so viel Fläche als Baustelle eingezäunt, wie auch bis zum Abend fertiggestellt werden kann. Es wird nicht, wie in Bochum immer wieder zu beobachten, eine Straße aufgerissen und erst Wochen später kommt das Unternehmen, das die Leitungen verlegt und wieder Wochen später das Unternehmen, das die Straße wiederherstellt.
  • Baustellen auf öffentlichen Straßen, Geh- und Radwegen werden, sofern irgend möglch, morgens begonnen und abends wieder geschlossen. Durchgehend wird das Ziel verfolgt, Sperrungen von Straßen, Wegen und Plätzen unbedingt zu vermieden.
  • Um Behinderungen für den Fuß-, Rad- und Autoverkehr auf wichtigen Straßen möglichst gering zu halten und Straßensperrungen zu verhindern, werden Baustellen häufig über Nacht eingerichtet und notwendige Bauarbeiten nachts durchgeführt.
  • Baufahrzeuge werden, sofern sie Erde, Schutt oder anderen Bauschmutz von der Baustelle in den öffentlichen Raum transportieren könnten, noch auf der Baustelle abgespritzt. Die Bauaufsicht sorgt dafür, dass Wege und Straßen vor dem Bauplatz sich jederzeit in einem Zustand befinden, als gäbe es die Baustelle gar nicht. Eine Beschädigung der Straße durch Baufahrzeuge, wie sie etwa an der Wielandstraße durch die Stadt Bochum hingenommen wird, wäre in Japan nicht vorstellbar.
  • Baustellen werden eng aufeinander abgestimmt und zeitlich miteinander vertaktet. Dass wie in der Bochumer Innenstadt mit den Arbeiten am Husemannplatz erst begonnen wird, wenn die Gebäude des Husemannkarrees dahinter fast fertig sind, würde in Japan den zuständigen städtischen Planungsverantwortllichen voraussichtlich den Job kosten.

Umdenken bei Bauunternehmen und Stadt nötig

Um eine Baustelle nach japanischem Vorbild zu organisieren, erfordert ein hohes Maß an Organisationsaufwand und Planungskompetenz sowie den unbedingten Willen, mit seiner Baustelle andere so wenig wie möglich zu belästigen. Natürlich ist es organisatorisch einfacher ganze Straßen zu sperren, vollflächig aufzureißen, alles auf der Baustelle oder in deren Umgebung zu lagern und dann immer dort weiter zu bauen, wo gerade die entsprechende Fachfirma verfügbar ist, doch smart ist eine solche weitgehend ungeplante Vorgehensweise nicht. Dazu missachtet sie die Bedürfnisse der Stadtbewohner*innen, die so wenig wie möglich von Baustellen belästigt werden möchten.

Für eine entsprechende Umstellung der Baustellenorganisation ist gleichermaßen ein Umdenken der Bauunternehmen wie der Stadt erforderlich. Die Unternehmen müssten ihre Bauorganisation neu ausrichten, die Stadt muss eine entsprechende Organisation von den Unternehmen einfordern und die Zielsetzung verfolgen, dass für private Baustellen nur in absoluten Ausnahmefällen öffentlicher Raum dauerhaft genutzt werden kann. Zudem wäre streng darauf zu achten, dass die Belastungen, die von Baustellen ausgehen, minimiert werden.

Bei Ausschreibungen für städtische Baustellen sollte berücksichtigt werden, dass ein wesentliches Vergabekriterium ist, dass Baustellen im öffentlichen Raum möglichst sparsam mit städtischen Flächen umgehen und den Menschen Straßensperrungen wie Baustellenwüsten, auf denen über Wochen nichts passiert, erspart bleiben.

Smarte Baustellen bedeuten mehr Lebensqualität

Das japanische Modell wird sich nicht von jetzt auf gleich umsetzen lassen. Zu einer lebenswerten Stadt gehört aber auch, dass man die Störungen und Belastungen von Baustellen minimiert. Es sollte sich also lohnen, in dieser Richtung tätig zu werden und sich am Vorbild japanischer Baustellen zu orientieren. Das gilt besonders vor dem Hintergrund, dass um Bochum zukunftsfähig zu gestalten in der Stadt noch viel zu modernisieren, sanieren und neu zu bauen ist.