24 Feb

Klüngel stoppen

In Bochum und Wattenscheid besteht im Sozialbereich ein System auf Gegenseitigkeit beruhender Hilfeleistungen und Gefälligkeiten, dass von den Bürgern zutreffend als „Filz und Klüngel“ bezeichnet wird.

Bestimmte Sozialunternehmen und -einrichtungen erhalten von der Stadt großzügig Aufträge und Zuschüsse, weil sie der Politik nahe stehen, andere bleiben außen vor, weil sie dem etablierten Filz und Klüngel-Netzwerk nicht angehören. Ein typischer Fall für dieses System wurde an anderer Stelle bereits dargestellt (Der Fall Steinbach – Wie der Klüngel in Bochum funktioniertl).

Die Voraussetzungen für Filz und Klüngel

Es stellt sich die Frage, was ist erforderlich, damit ein solches auf gegenseitigen Hilfeleistungen und Gefälligkeiten beruhendes System funktioniert?

Zum einen städtische Zuschussrichtlinien und Regelungen, die so formuliert sind, dass sie die Bezuschussung bestimmter, politisch genehmer Einrichtungen zulassen, während andere von Zuschüssen wirsam fern gehalten werden können, zum anderen ein Konsens darüber, dass z.B. Vergabe-Regeln nicht angewandt werden, die dazu führen könnten, das andere als die genehmen Sozialunternehmen die lukrativen städtischen Aufträge erhalten.

Darüber hinaus ist ein Netzwerk von Personen aus Politik, Verwaltung und Sozialunternehmen erforderlich, das die beschriebenen Vorgehensweisen deckt, selbst wenn sie gegen geltendes Recht verstoßen.

Der Zuschuss-Klüngel

In Bochum laufen alle Fäden des Filz-und-Klüngel-Netzwerkes im Ausschuss für Arbeit, Gesundheit und Soziales zusammen. Die Vorsitzende Astrid Platzmann-Scholten (Die Grünen) und ihre Stellvertreterin Gabriela Schäfer (SPD) tragen Sorge dafür, dass die seit ewigen Zeiten an den Zuschusstöpfen hängenden Einrichtungen mit immer weiteren und wachsenden Zuschüssen versorgt werden, selbst wenn das Rechnungsprüfungsamt feststellt, dass eine ordnungsgemäße Verwendung der Zuschüsse nicht ordnungsgemäß belegt werden kann (Kinder und Jugendring, Krebs-Selbsthilfe, u.a.) oder städtische Zuschüsse gezahlt wurden, obwohl diese gar nicht erforderlich waren (Medizinische Flüchtlingshilfe, RPA- Bericht vom 23.01.17).

Auch kann sich das Rechnungsprüfungsamt z.B. nicht nachvollziehen, warum nur eine von mehreren Bochumer Krebsselbsthilfegruppen Zuschüsse von der Stadt erhält (RPA-Bericht vom 23.01.2017). Wer über die Nähe der betreffenden Selbsthilfegruppe zu Gabriela Schäfer (SPD) weiß, den wundert das allerdings nicht.

In ähnlicher Weise sorgen die Ausschussvorsitzenden dafür, dass z.B. nur ihnen genehme Einrichtungen für die Arbeitslosenberatung bezuschusst werden, andere nicht und tragen dafür Sorge, dass die Mittel in ausreichender Höhe fließen. Das System ist eingespielt, die Pfründe verteilt, der Besitzstand der ewigen Zuschussbezieher wird geschützt. Platzmann-Scholten und Schäfer verhindern im Ausschuss jede konstruktive Auseinandersetzung zu dem fragwürdigen System der Zuschussvergabe.

Der Vergabe-Klüngel

Auch decken beide die Parteifreunde in der Verwaltung, wenn diese, wie z.B. bei der Flüchtlingsbetreuung und –unterbringung geschehen, Aufträge in Millionenhöhe ohne die gesetzlich vorgeschriebenen Vergabeverfahren und Ausschreibungen und entgegen der ausdrücklichen Anweisung des Rechnungsprüfungsamtes an genehme Sozialunternehmen vergeben und dabei insbesondere die Unternehmen bevorzugt werden, die sich in der Arbeitsgemeinschaft der Bochumer Wohlfahrtsverbände organisiert haben.

Konkret decken Platzmann-Scholten und Schäfer in der Verwaltung die Dezernentin Britta Anger (Die Grünen) und die SPD-Spitze des Sozialamtes. Die Parteifreundinnen in der Verwaltung können sich darauf verlassen, dass die Begünstigung der genehmen Sozialunternehmen, die Verstöße gegen Vergabeordnung, Wettbewerbsrecht, Dienstanweisungen, Gemeindeordnung NRW und das öffentlichen Haushaltsrecht durch die Ausschussvorsitzenden verharmlost werden und folgenlos bleiben. Statt die Aufklärung der Vorgänge im Ausschuss für Arbeit, Gesundheit und Soziales voran zu treiben und entsprechende Anfragen an die Verwaltung zu stellen, versuchen Platzmann-Scholten und Schäfer jede nähere Untersuchung zu verhindern. Gezielt wird versucht, kritische Ausschussmitglieder als Populisten zu diskreditieren, die das Flüchtlingsthema für ihre Zwecke missbrauchen würden.

Die Millionenverluste, die durch die fehlenden Vergaben und Ausschreibungen entstanden sind, stellen Platzmann-Scholten und Schäfer als unvermeidbar dar. Bei Einhaltung der Vorschriften durch die Sozialverwaltung, wäre die Betreuung und Unterbringung der Flüchtlinge nicht möglich gewesen. Ein Märchen, das die Berichte des Rechnungsprüfungsamtes (Mitteilung 20170609 zum RPA Bericht) ebenso widerlegen, wie der Blick in andere Städte, z.B. nach Dortmund, wo seit Anfang des Jahres 2016 die Vergabe von Aufträgen und Leistungen nach den rechtlichen Vorgaben für Vergabe- und Ausschreibungsverfahren erfolgt.

In Bochum werden die Pfründe der Sozialunternehmen von der Politik sorgsam geschützt. Bis auf wenige Ausnahmen sind Unternehmen, die nicht der Arbeitsgemeinschaft der Bochumer Wohlfahrtsverbände angehören, unerwünscht. Durch den rechtswidrigen Verzicht auf die vorgeschriebenen Vergabeverfahren werden diese bewusst wirksam von den lukrativen Aufträgen zur Flüchtlingsbetreuung und –unterbringung ausgeschlossen. Mit den genehmen Unternehmen werden langfristige Verträge (bis zu 4 Jahren) ohne finanzwirksame Ausstiegsklauseln geschlossen, so dass diese auch weiterhin die vertraglich vereinbarten städtische Gelder einziehen können, wenn die Flüchtlingsunterkünfte bereits geschlossen sind, in denen sie eigentlich Flüchtlinge betreuen sollten.

Es wird darauf geachtet, dass jedes genehme Unternehmen einen adäquaten Teil vom Kuchen bekommt. Entsprechend verschleppt die Sozialverwaltung seit Monaten eine Zentralisierung der Flüchtlingsunterkünfte, die zur Folge hätte, dass die Unterkünfte einiger Unternehmen aufgegeben werden müssten, und nur wenige weiter betrieben würden. Die Stücke vom verbleibenden Kuchen würden dann nicht mehr für alle reichen. Der Rechtfertigungsdruck, warum Sozialunternehmen städtische Gelder für Flüchtlingsunterkünfte erhalten, die schon geschlossen wurden, würde unangenehme Höhen erreichen.

Aber nicht nur zwischen Politik und Verwaltung sind die Bande eng, auch in den Sozialunternehmen finden sich auffallend häufig die Parteifarben rot und grün wieder. Die Verquickung des SPD-geführten Sozialunternehmens AWO Ruhr-Mitte wurde an anderer Stelle bereits exemplarisch dargestellt (Der Fall Steinbach – Wie der Klüngel in Bochum funktioniert).

Eine entlarvende Akteneinsicht

Die Fraktion „FDP & Die STADGESTALTER“ hat aufgrund der vielfältigen Berichte des Rechnungsprüfungsamtes, die die Folgen des dargestellten Klüngels dokumentieren, die Akten zur Vergabe der Aufträge der Flüchtlingsbetreuung und –unterbringung eingesehen. Das Ergebnis war erschreckend. Die festgestellten Versäumnisse des Rechnungsprüfungsamtes bestätigten sich. Die eklatanten Rechtsverstöße sind so gravierend, sie hätten umgehend zu personellen Konsequenzen und einer grundlegenden Neustrukturierung der Sozialverwaltung führen müssen. Die Akten widerlegen auch die Darstellungen von Platzmann-Scholten und Schäfer, die unübersichtliche Lage 2016 hätte es erforderlich gemacht, auch weiterhin auf Ausschreibungen und ordnungsgemäße Vergaben zu verzichten.

Das Rechnungsprüfungsamt hatte der Sozialverwaltung zwei Mitarbeiter zur Verfügung gestellt, um die erforderlichen Vergabeverfahren auf den Weg zu bringen. Die vorgeschriebene Vergabe scheiterten letztlich am Unwillen der Leitung der Sozialverwaltung und des Sozialdezernats diese durchzuführen. Das bestätigen auch Mitarbeiter der Sozialverwaltung. Die von Platzmann-Scholten und Schäfer angegebene Notlage gab es 2016 nicht mehr.

Als Vorsitzende des Ausschusses für Arbeit, Gesundheit und Soziales mussten Platzmann-Scholten und Schäfer alle Hintergründe bekannt sein. Die Lage in der Öffentlichkeit trotzdem bewusst immer wieder falsch darzustellen, belegt, wie tief beide im Sumpf des Klüngels stecken.

Die Versprechungen des Oberbürgermeisters Eiskirch (SPD) die Sozialverwaltung so aufzustellen, dass die bekannten Rechtsverstöße zukünftig nicht mehr vorkommen, erweisen sich bisher als heiße Luft. Er scheut sich dem Klüngel endlich ein Ende zu machen. Die Folge, der Sozialverwaltung laufen die Mitarbeiter weg. Mitarbeiter, die mit dem Klüngel nicht zu tun haben wollen, bewerben sich weg.

Filz und Klüngel beenden

Filz und Klüngel kosten die Stadt nicht nur viel Geld, sie nagen auch an der Glaubwürdigkeit der Politik. Die Zuschussrichtlinien zur Gewährung von Zuschüssen an soziale Einrichtungen sind so zu überarbeiten, dass alle ggf. zuschussberichtigten Institutionen die gleichen Chancen haben Zuschüsse zu erhalten, ganz unabhängig davon, ob sie über Beziehungen zu Kommunalpolitikern verfügen oder nicht. Ein einmal gewährter Zuschuss darf keinen Besitzstand für zukünftige Zuschüsse begründen.

Die vom Oberbürgermeister versprochenen Konsequenzen, sind endlich zu ziehen, sowohl in organisatorischer wie personeller Hinsicht. Der Klüngel lässt sich nur mit neuen, kompetenten städtischen Mitarbeitern auf den Leitungspositionen in der Sozialverwaltung beenden, die nicht Mitglied des bestehenden Netzwerkes sind.

Gelingt es die Leitungspositionen der Sozialverwaltung mit Mitarbeitern zu besetzen, die von der Politik unabhängig agieren, laufen die Bemühungen von Astrid Platzmann-Scholten (Die Grünen) und Gabriela Schäfer (SPD) ins Leere, ein System zu erhalten, das sicher stellt, dass politisch genehme Sozialunternehmen und -einrichtungen bei Zuschüssen und Vergaben bevorzugt werden.

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